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Colours 2: Seegrün
Autor: SOrion (sorion@gmx.ch)
Serie: Weiss Kreuz Warnung: lemon, yaoi Disclamer: WK gehört mir nicht, etc. p.p... Ich verdiene kein Geld damit, rhabarberrhabarber... Ich
leihe mir die Jungs nur aus und gebe sie unbeschadet zurück (okay, vielleicht ein Bisschen demoliert *fg*) usw. blabla...
Bemerkungen: Teil zwei zu „Kirschrot". Spielt vor und während dem ersten Teil. (Beginnt in besagtem „Clubbing-November", drei Monate früher.)
***
Omi sass an der Bar in einem Club, den er sich für heute Abend ausgesucht hatte. Der laute Bass der Musik machte eine Unterhaltung nahezu unmöglich. Die blitzenden Lichter und die paar Drinks, die er bereits getrunken
hatte, halfen dem Eindruck, völlig aus dieser Welt losgelöst zu sein... und Gott weiss, dass er das dringend brauchte. Etwas unbehaglich rutschte er auf seinem Sitz hin und her, als er sich plötzlich wieder des für ihn
ungewohnten Kleidungsstücks bewusst wurde... Aus purer Neugierde auf die Blicke, die es ihm inbringen würde, hatte sich Omi für sein Clubbing heute für ein enges, geknöpftes Top, schwarze Sneaker und einen... Minirock
entschieden. Und das brachte ihm Blicke ein... sogar einige mehr, als er erwartet hatte. Erst war er sich nicht sicher gewesen, ob er an seinem zweiten Abend mit gefälschtem Ausweis schon so etwas wagen sollte... aber
die Neugier hatte schliesslich gesiegt. Die Wirkung, die er auf die - ausschliesslich männlichen - Anwesenden hatte, war geradezu betäubend. Omi wäre zwar in ein paar Monaten achtzehn geworden, wirkte aber mit seinen
grossen Augen noch weit jünger. Dann die wiegenden Bewegungen zu der Musik... die manchmal verträumt geschlossenen Augen... sein süsses Lächeln... die vom Alkohol geröteten Wangen und der leicht glasige Blick... und
natürlich das gewagte Outfit. Omi war überrascht gewesen, als er beim ersten Mal in einer Schwulenbar letzte Woche trotz Nervosität sich absolut wohl fühlte. Als könne er endlich aufhören, sich verstecken zu
müssen. Er hatte die ganze Nacht durchgetanzt und sich nie im Leben so frei gefühlt... Heute war ihm hingegen nicht nach Tanzen, woran wohl sein Rock massgeblich mitbeteiligt war... Soviel Spass es auch machte, das würde
wohl eine einmalige Erfahrung bleiben. Crossdressing war nicht sein Ding.
Er fuhr genüsslich mit der Zunge über seine Lippen, als bei seinen rhythmischen Bewegungen ein Tropfen seines klebrig-süssen
Getränks seinem Mund entkommen war. Langsam erreichte sein Alkoholspiegel ein Level, bei dem er beinahe bereit gewesen wäre, doch tanzen zu gehen.
Gelegenheiten hätte er zur Genüge gehabt... Er wurde bisher so ungefähr sechzehn mal aufgefordert... Aber im Moment genoss er es viel zu sehr, gesehen zu werden und noch ein Bisschen was zu trinken. Das war der
Zeitpunkt, zu dem ein Neuankömmling den Club betrat. Gross, kupferrote Haare, grüne Augen... offensichtlich Ausländer. Auch dessen Augen fielen sofort auf den Jungen an der Bar... wenn auch aus anderen Gründen, als sie die
restlichen Besucher hatten. Schuldig grinste, als er den jungen Killer genauer von oben bis unten beäugte. 'Sieh an, sieh an...Ein Wunder, dass mir diese Seite an ihm bisher nie aufgefallen ist...' Er lachte leise. Das
hätte ja ungeahnte Möglichkeiten geboten, mit dem Kleinen zu spielen... Die Musik wechselte von dominantem Techno zu treibendem Trance. Schuldig beobachtete, wie Omi die Augen schloss, den Kopf leicht nach hinten bog und
sich fast verzaubert von der Musik hin und her bewegte. Er näherte sich der Bar langsam, behielt den anderen im Auge. Die Leute um ihn herum schienen alle plötzlich den Drang zu haben, ihm aus dem Weg zu gehen... Er
konnte ungehindert passieren. Ebenso plötzlich wurde der Sitz neben Omi frei... und der Telepath setzte sich, ohne die Aufmerksamkeit des anderen auf sich zu ziehen.
Lange sass er still da und streckte mentale Hände aus, um in den Kopf des Jungen zu schlüpfen. 'Woran denkt unser kleines Bombay-Kätzchen?' Was er dort sah, liess ihn leicht lachen. Er leckte sich die Lippen. Oh... das
würde ein Spass werden. Er wusste, dass Omi ihn nicht würde hören können, wenn er einfach so zu ihm sprach, also musste er wohl anders Kontakt aufnehmen... Nicht, dass das irgendein Problem darstellte... Er beugte
sich nahe zu seinem Ohr und flüsterte - sowohl mit seiner Stimme, als auch mit seinen Gedanken: „Was für eine Überraschung, dich hier zu sehen, Kätzchen." Omi war schon ein wenig zu weit weggetreten, um gleich zu
bemerken, woher er diese Stimme kannte, und wie er bei dem Lärm ein Flüstern überhaupt hören konnte. Nach ein paar Sekunden allerdings dämmerte es, sein Mund klappte erschrocken nach unten, er drehte sich nach dem warmen
Atem um und öffnete angstvoll die Augen. Die Luft blieb ihm im Hals stecken, als er das grinsende Gesicht mit den eiskalten, grünen Augen vor sich sah. Er wollte hochschiessen und weglaufen, konnte sich aber nicht bewegen,
sein Körper gehorchte ihm nicht. Der Kerl hielt ihn mit seinen Manipulationen fest! Schuldig grinste nur. „Das ist aber gar nicht höflich, so einfach verschwinden zu wollen", rügte er. Omi zitterte, als er die
Stimme sowohl in seinem Kopf, als auch irgendwo zwischen der lauten Musik hören konnte. Schuldig langte nach Omis Drink und nippte kurz daran, nahm aber nie die Augen von denen des anderen. „So ein süsses
Kätzchen...", meinte er mit einem verspielt boshaften Lächeln. Er hob seine Hand und drehte Omis Gesicht zu sich. Er näherte sich ihm so weit, dass er seinen Atem auf seinen Lippen spüren konnte. „Sag mir, Weiss,
hast du schon gefunden, wonach du heute gesucht hattest?" Omi starrte in die fast magnetischen Augen und konnte sich einfach nicht abwenden... dabei bemerkte er nicht, dass Schuldig seinen mentalen Halt an ihm längst
gelöst hatte. Er zwang sich, über die Frage nachzudenken. Wonach er gesucht hatte? Wonach...? Er blinzelte. Dann schoss ihm die Röte ins Gesicht.
Schuldig grinste, als er sehen konnte, wie der Junge verstand, worauf er anspielte. Irgendwo tief genug in seinem Bewusstsein hatte Omi gehofft... Nun, er wollte... Er dachte sich, dass er jemanden finden würde...
jemanden, mit dem er vielleicht weiter gehen könnte, als er bisher gegangen war... Schuldig lachte nur. „Was würden deine Freunde sagen, wenn sie wüssten, dass du nachts
verschwindest, um es dir besorgen zu lassen?" Omi funkelte ihn wütend an. Warum musste er das so... so... verschmutzen? Schuldig zuckte die Schultern. „Ich sage nur, wie es ist." Dann beugte er sich näher
heran. So nahe, dass er den Jungen schon fast küsste. Aber das tat er nicht. Er verharrte eine Zeit lang, bis sich seine Zunge langsam vor wagte und über Omis Lippen strich.
Omi schnappte nach Luft. Er bebte am ganzen Körper. Was passierte hier? Warum wehrte er sich nicht? ---Weil du das nicht willst---, kam die mentale Antwort, gefolgt von einem Schwall Emotionen, bei denen Omis Knie weich
wurden, eine sengende Hitze in ihm hoch stieg, und er aufstöhnte. Schuldig lachte leise. Er legte einen Arm um Omis Hüfte und streifte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Was meinst du? Wollen wir tanzen?" Omi zwang
die Emotionen, die Schuldig ihm so strategisch eingepflanzt hatte zurück. „Warum sollte ich mit dir tanzen wollen?" Schuldig lachte weiter. „Ich habe dir keine Emotionen »eingepflanzt«. Das sind deine eigenen...
Ich hab sie nur ein Bisschen...", er glitt wieder in Omis Gedanken und weckte erneut einen Schub, bis Omi noch lauter stöhnte, „... verstärkt", schloss er. Omi sah seine Zurückhaltung bröckeln. „Komm
schon, Kätzchen, lass uns ein wenig Spass haben. Ich verspreche auch, dass ich dir nichts tue." Er senkte seinen Kopf und blickte Omi von unten herauf mit seinem besten, unschuldigen Blick an.
Omi schnaubte sarkastisch. „Bring mich nicht zum Lachen." Schuldig lachte amüsiert, stand auf und packte Omi kurzerhand am Arm und schleifte ihn zur Tanzfläche. Omis Gedanken fuhren Achterbahn. 'Was mach ich
hier? Was mach ich hier?' Er wehrte sich nicht mehr... und dabei spürte er ganz deutlich, dass der Deutsche ihn nicht mehr kontrollierte... Der Mann war sein Feind! War er einfach nur schon zu betrunken, um die Wahrheit zu
erkennen, oder hatte sein Gegenüber heute wirklich ein so ganz anderes Vorhaben als sein Tod... 'Was mach ich hier... Was mach...' „Dich amüsieren, Kätzchen", antwortete Schuldig, umfasste beide Handgelenke des
Jungen und legte sie sich auf die Schultern. Dann fuhren seine eigenen Hände an den Seiten des anderen abwärts und blieben auf dessen Hüften liegen. Omi war es nicht mehr möglich, sich dem Blick des Mannes vor ihm zu
entziehen. Es war geradezu hypnotisch... Nun, das würde ihn auch nicht mehr überraschen. Ausserdem würde Hypnose erklären, warum er sich das hier gefallen liess... Sie tanzten bereits. Schuldig lachte. ---Sowas Billiges
wie Hypnose brauche ich nicht. Du machst das doch ganz gut alleine...--- Omi war schon ausser Atem nur von den Blicken, die Schuldig ihm zuwarf. Warum fühlte sich das so gut an? Wie eine Droge... Als würde er vor aller
Realität davon schweben... Schuldig nickte langsam. Gut, der Junge folgte ihm problemlos. Und er musste noch nicht einmal etwas dafür tun... Eine seiner Hände kletterte wieder höher, bis sie Omis Gesicht umfing, die
andere rutschte tiefer und drückte ihn noch etwas näher - soweit das möglich war. Er strich mit dem Daumen Omis Wangenknochen nach. ---So ist es gut. Lass dich gehen.--- Die mentale Stimme klang beruhigend, verführend...
Als würde sie Omis Gedanken in Samt hüllen, ihm allen Sinn für die Welt nehmen und nur die tosenden Gefühle zurücklassen. Omi nahm nun mehr Teil am Tanzen, bewegte sich gegen seinen Partner. 'Zum Teufel damit!',
beschloss er. Wenn er sich selbst morgen früh dafür hassen sollte, oder gar tot war... Was soll's... Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich hasste, und auf den Tod wartete er eh schon seit Jahren.
---Hmmm... wir fühlen uns wagemutig heute, was?--- Omi grinste. Er konnte dieses Spiel auch spielen. Er schlang eines seiner Beine um die Taille des anderen und beugte seinen Oberkörper nach hinten. Langsam richtete er
sich wieder auf. Er hielt Schuldigs Kopf fest mit einer Hand umfasst und näherte sich seinem Ohr. Leise flüsterte er: „Halt die Klappe und tanz mit mir." Er wusste, das Schuldig ihn hören würde... Und tanzen taten
sie. Als sie sich erst einmal in dem Spiel verstrickt hatten, versuchten sie beide, sich gegenseitig mit aufreizenden Bewegungen zu überbieten. Was ihnen einiges an Blicken einbrachte, vor allem von denjenigen, die Omi zuvor
hatten zum Tanzen überreden wollen. Omi wehrte sich nicht, als der andere begann, ihn zu küssen. Er erwiderte ihn, als wäre Schuldig der einzige Wasserspender inmitten einer Wüste.
Sie bemerkten kaum, wie die anderen Tänzer Platz machten, um ihnen zuzusehen. Schuldig grinste an Omis Lippen. ---Gefällt dir das, Kätzchen?--- Omi erwiderte das Grinsen nur und presste seinen Unterkörper näher an
den des anderen, bis er dessen Hitze deutlich spüren konnte.
Schuldig versank mit seiner Zunge wieder im Mund des Jungen. ---Ja... fühlt sich an, als würde es dir gefallen.---
Omi konnte sich nicht mehr zurückhalten und schickte seine Hände bei seinem Gegenüber auf Wanderschaft. Erst vorne über die Brust hinunter... dann nach hinten über den Rücken... tiefer bis über den Hintern, während
sie weitertanzten. Mann... der war vielleicht gut gebaut... Er seufzte zufrieden. Schuldig lachte leise. ---Danke, du selbst bist auch nicht schlecht.--- Erst da bemerkte Omi, dass auch Schuldig seine Hände nicht mehr im
Zaum hielt. Er suchte sich ähnliche Wege wie Omi. Bloss, als er bei den Hüften und dem Hintern ankam, strich er verspielt den Rock ein Stück nach oben, nur um ihn gleich wieder los zulassen... dann wieder ein Bisschen hoch.
Omi schnappte nach Luft. ---Schu, nicht... nicht hier...--- Schuldig grinste über den Spitznamen und nahm dann die Bedeutung des Satzes auf. ---Heisst das, wo anders hättest du nichts dagegen?---, schnurrte er. Er
schickte ein mentales Bild an Omi, was... genau... er gerne mit dem jüngeren Killer tun würde. Omi riss die Augen auf, als ihn die volle Erregung traf, die Schuldig projizierte. Aber das beunruhigte ihn nicht halb so sehr
wie seine eigene... Schuldig spürte Omis Unsicherheit und entschied sich für einen strategischen - vorübergehenden - Rückzug. Er würde den Jungen heute haben... Alles eine Frage der Zeit. Und eher früher als später
würde Omis Erregung gegen die Unsicherheit gewinnen. ---Willst du was trinken?--- Omi blinzelte. Schuldig deutete zur Bar. ---Wir haben eine halbe Stunde getanzt. Und? Willst du was trinken?--- Omi nickte etwas
verwirrt. ---Es hat keinen Platz an der Bar...---, bemerkte Omi leise, noch immer war ihm bei der Art der Kommunikation unwohl. Schuldig lachte nur und steuerte auf zwei besetzte Sitze zu. Kaum standen sie davor, hatten die
beiden, die dort sassen, das Gefühl, sofort tanzen zu müssen. Schuldig schickte Omi ein keckes Grinsen und der lachte laut. Ja... Telepathie war schon praktisch... Omi beobachtete amüsiert, wie Schuldig den Bartender
„überzeugte", ihnen einen Drink auf Kosten des Hauses zu spendieren. Er kicherte, als er ein weiteres, klebrig-süsses Gemisch angeboten bekam. ---Ich wette, du bezahlst auch nie Eintritt...--- ---Natürlich nicht.
Würdest du etwa?--- Er nippte an seinem Wodka und beobachtete, wie Omi sein Glas in einem Zug leerte. Er hob eine Augenbraue. Wenn das so weiterging, würde der Kleine nach einem weiteren vom Stuhl kippen... und das passte ihm
jetzt gar nicht. Auf einen stummen Befehl hin, stellte der Bartender eine Cola vor Omi, der sie nur schräg anschaute. ---Trink besser noch das. Die Nacht ist jung, und du willst sie doch nicht verpassen.---
Omi war das Recht. Er war immer noch durstig - kein Wunder nach der ganzen körperlichen Anstrengung - und er wusste selbst, dass er nicht mehr viel vertragen hätte. Ab und zu schielte er zu seinem Sitznachbarn und war
erstaunt, dass er noch ein paar klare Gedanken fassen konnte. Warum liess er das zu? Er begann, Gründe dafür aufzuzählen. Erstens: Er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so befreit gefühlt. Es machte ihm Spass, es
gefiel ihm, er wollte, dass er ihn mit seinen Augen praktisch verschlang, er wollte sich begehrt fühlen... Nicht immer nur der Kleine sein. Zweitens: Schuldig wusste offensichtlich, was er tat. Es machte Sinn, sich jemandem
hinzugeben, der Erfahrung hatte - verdammt, er hatte sich sogar schon mal überlegt, Youji zu fragen... Drittens: Er war bereit, den Preis dafür zu bezahlen. Egal, wie der ausfiel. Tod, Selbsthass... was auch immer. Scheiss
drauf! Die Cola war mittlerweile leer, und der halbe Liter Flüssigkeit mit Koffein klärte seinen Kopf allmählich ein Bisschen auf. Und er war wirklich erstaunt festzustellen, dass sich seine Meinung dadurch nicht im
Geringsten veränderte. Er wollte Schuldig. Schuldig, der die Gedankengänge interessiert mitverfolgt hatte, grinste vor sich hin. ---Dann sind wir uns ja einig.--- Omi hob eine Augenbraue und sah dem anderen direkt in
die Augen. ---Aus reiner Neugierde... Da du alles gehört hast... Wie hoch ist der Preis?--- Schuldig lachte leicht. ---Das hängt von dir ab.--- Omi runzelte die Stirn. ---Huh?--- Schuldig lehnte sich nach vorne,
legte beide Hände um die Hüfte des Jungen und zog ihn zu sich auf den Schoss. Omi schlang aus Reflex die Beine um Schuldigs Taille. Schuldig näherte sein Gesicht dem des anderen. Er flüsterte, sowohl mental als auch
akustisch: „Ich werde dich nicht töten. Wer weiss, vielleicht hab ich mal Lust, das zu wiederholen... Was den Selbsthass angeht... der hängt von dir ab. Wirst du dich dafür hassen, oder nicht?"
Omi bebte, als er den Atem des Mannes so dicht an seinem Mund spürte. „Du... du hast meine Schwester getötet..." Dass er auch immer wieder versucht hatte, ihn und seine Freunde zu töten, liess er vorweg. Das
brachte der Job nun mal mit sich... Aber Ouka... Ja, Ouka war ein Grund, den Mann vor sich zu hassen - und sich selbst, wenn er sich weiter mit ihm einliess. Schuldig zeigte keinerlei Gemütsregung. „Ja, hab ich."
Omi starrte in die grünen Augen, die ihn unverwandt ansahen. Ein helles Grün, weich und warm... wie ein Waldsee in der Sonne. Aber er wusste auch, dass ein See in der Tiefe pechschwarz und kalt war... Diese Augen! Omi
fühlte sich fast schwindlig, als er in ihnen versank. „Mistkerl", hisste er, hielt seinen Kopf mit beiden Händen umfasst und küsste ihn, tief, innig, hektisch... verzweifelt.
Schuldig musste nicht weiter eingeladen werden. Er erwiderte sofort. Dieser Junge war so süss, so unschuldig, so unbefangen... so
rein. Wie machte er das nur, wo er doch seine Nächte als Killer verbrachte? Wie konnte er sich sein kindliches Gemüt bewahren, nachdem er so oft gequält, verletzt und fast gebrochen wurde? Der Junge ergab sich ihm in seiner
Verzweiflung, hin und her gerissen zwischen Gefühl und Verstand, obwohl er, Schuldig, oftmals selbst die Ursache für seine Qualen gewesen war... Oder war das sogar der Grund? Niemand würde die Schmerzen, die ihm widerfahren
waren, besser verstehen, als der Peiniger selbst... Niemand, ausser einem Killer, konnte verstehen, was es bedeutete, Menschen zu töten. Niemand ausser ihnen beiden konnte das brennende Feuer zwischen Schwarz und Weiss, Gut
und Böse, Hell und Dunkel verstehen... Denn in Leidenschaft waren sie sich gleich. Schuldig drückte mit beiden Händen Omi fester an sich. ---Du bist schon ganz schön hart, Kätzchen.-- - Er klang amüsiert.
---Das bin ich seit einer halbe Stunde, Mistkerl.--- Schuldig lachte an den Lippen des Jungen. ---Wenn es dein Gewissen erleichtert, mich so zu nennen...---
---Es gibt nichts mehr, was mein Gewissen erleichtern könnte.--- ---Süsses, kleines Kätzchen. Das macht dich so unschuldig.--- Er schob den Rock nach oben und glitt mit einer Hand nach vorne, bewegte sie in langen, festen
Bewegungen über Omis verdeckte Hitze. Omi stöhnte, dann schnappte er nach Luft, versuchte, sich zu kontrollieren. ---Nicht! Nicht hier! Die Leute!... Wir... wir fliegen hier noch raus!--- Schuldig lachte nur. ---Den
Leuten wird es gefallen zuzusehen. Und hinterher... vergessen sie uns einfach wieder.--- Er drückte ein wenig fester zu. Omi stöhnte auf. Konnte Schuldig das wirklich machen? Dass niemand sich mehr an sie erinnern würde?
---Versprichst du es?--- Schuldig kicherte. ---Denkst du, du kannst dich auf mein Versprechen verlassen?--- Omi löste sich von ihm und grinste ihn frech an. ---Das werden wir ja sehen. Wenn ich mich auf dein Wort
verlassen kann, werde ich diese Nacht überleben und niemand erinnert sich an mich. Wenn du mich angelogen hast, bin ich morgen früh tot und dann ist es mir scheissegal, ob irgendjemand gesehen hat, was du hier mit mir
machst.--- Schuldig erwiderte das Grinsen beeindruckt. ---So betrunken bist du also gar nicht, ne?--- Er lachte. --- Einverstanden. Ich verspreche, dass ich dich nicht töten werde und niemand ausser uns sich an das hier
erinnert.--- Omi küsste ihn wieder. Diesmal aber langsam und sinnlich, ihre Zungen streichelten sich fast zärtlich. ---Dann mach endlich weiter.---
Das liess Schuldig sich nicht zweimal sagen. Seine Hand nahm ihre vorherige Tätigkeit wieder auf. Schuldig spürte auf dem Stoff der Unterhose eine kleine, feuchte Stelle und grinste zufrieden. ---Du bist mein,
Kätzchen.--- Er drückte fester zu und strich mit seinem Daumen über die Eichel. Omi brachte nur ein Nicken zustande. ---Zumindest im Moment.---
Schuldig lachte. Er nahm die zweite Hand zu Hilfe, fuhr mit beiden an Omis Seite und riss mit einem Ruck die Seitennähte der Unterhose durch. Omi stöhnte laut auf, als Schuldig den Stoff langsam nach vorne über das
empfindliche Fleisch wegzog. „Oh, Gott!" Schuldig setzte nur ein falsches, süsses Lächeln auf und führte den Stoff langsam zu seinem Mund. Er sah dem Jungen vor sich fest in die Augen, als er mit der Spitze
seiner Zunge über die feuchte Stelle fuhr. Omi lief es bei dem Anblick heiss und kalt den Rücken runter. Er zitterte. Allein der Gedanke, dass Schuldigs Zunge dieselbe Stelle berührte wie... ---Zu schüchtern, den
Satz zu Ende zu denken, Kätzchen?--- Er wartete nicht auf eine Antwort, als er Omis Mund mit seinem einfing. Das Stoffstück liess er unbemerkt zu Boden fallen. Schuldig hatte Recht: Die meisten Anwesenden warfen ihnen zwar
ab und zu interessierte Blicke zu, schienen sie aber nicht wirklich wahr zu nehmen. Omi war schon zu weit, als dass es ihn gekümmert hätte. Sollten sie doch ihre Erinnerung behalten. Ihm war im Moment alles egal. Er
drückte seinen jetzt nackten Unterkörper näher an Schuldigs, fühlte dessen Hände seine Pobacken massieren. ---Schluss mit den Spielereien!---, verlangte er, rutschte mit seinen Händen von Schuldigs Hals nach unten, bis
zum Reissverschluss seiner Hose. Seine Finger zitterten, als er ihn ungeduldig zusammen mit dem Knopf öffnete. Er war nicht verwundert zu sehen, dass Schuldig nichts darunter trug. Er sah ihm in die Augen und grinste. Dann
rutschte er mit einer Hand in die Hose und beobachtete, wie Schuldig erregt einatmete, als er sein Glied aus der engen Hose führte. Omi warf einen Blick nach unten, schaute darauf unschuldig durch seine Wimpern nach oben.
---Nett.--- Schuldig grinste nur und zog Omi wieder an sich, ihre Erektionen zwischen ihnen gefangen. Unbemerkt schickte er eine weitere »Bestellung« an den Bartender. Seine Augen glitzerten
verdächtig, als er es auf dem Tresen hingestellt bekam. Er tauchte einen Finger in das Glas, führte ihn zu Omis Hintern an den kleinen Eingang. Erst rieb er die kühle Flüssigkeit etwas ein und erntete von Omi ein
erschrockenes Stöhnen. Dann stiess er den Finger hinein. Omi riss die Augen auf und warf den Kopf zurück. Er hatte gar keine Zeit, Schmerz wahr zu nehmen, da berührte Schuldig schon einen Punkt in ihm drin, der ihn Sterne
sehen liess. Ja... der andere Mann wusste auf jeden Fall, was er da tat. Schuldig bewegte den Finger ein Bisschen, ehe er ihn herauszog und zwei Finger in das Glas tauchte. Diesmal spürte Omi einen stechenden Schmerz,
nicht zu heftig, aber trotzdem... Und dann war er weg, als die zwei Finger in ihm wieder seine Prostata fanden. Er bewegte sich gegen die Finger, wollte mehr, tiefer, schneller...
Schuldig grinste, entfernte die Finger, nur, um mit dreien wieder zurückzukehren. Kein Schmerz mehr... nur dieses Gefühl, das ihm den Atem raubte. Er schrie auf, wann immer sich die Finger bewegten und auseinander
drückten, um die Muskeln zu dehnen. Er bewegte sich nach vorne, an Schuldigs Hitze und nach hinten auf die Finger. Schuldig schaute in das erregte, rote Gesicht und wollte jetzt nur noch in diese Enge stossen, die seine
Finger umfing. ---Omi. Meine linke Hosentasche.--- Omi verstand und holte aus besagter Tasche ein kleines Briefchen. Er zögerte keinen Augenblick, öffnete es und rollte das Kondom auf Schuldigs Penis ab. Schuldig warf
dem Jungen noch einen knappen Blick zu, der von einem heftigen Nicken erwidert wurde. Dann konnte und wollte er nicht mehr warten. Er nahm seine Finger zurück und führte Omis Hüfte über ihn. ---Komm, Baby. Komm zu mir.---
Omi nickte wieder, atmete bebend ein und aus. So langsam wie es seine Selbstbeherrschung noch erlaubte, senkte er sich auf den glühenden Pol hinab. Er kniff die Augen zusammen. Das war noch einmal ganz anders, als mit den
Fingern... Zwei Tränen liefen über seine Wangen. Schuldig leckte sie beide sanft weg und drängte den Jungen langsam tiefer. ---Es wird besser, Baby. Immer weiter.---
Omi tat es und versuchte, sich so zu bewegen, dass Schuldig in ihm wieder diesen Punkt berührte... „HAAAAA!" Omi schlang seine Arme um Schuldigs Hals und bewegte sich vor und zurück. Schuldig stöhnte auf, als
der Junge begann, ihn mit neugieriger Leidenschaft zu reiten. Er hielt seine Hüfte fest und half ihm bei seinen Bewegungen, küsste ihn. ---Gut, Baby. Sooo gut. Mach weiter. Hör nicht auf.---
Omi dachte nicht daran aufzuhören. ---Oh, Gott! Das ist... das ist so...--- „Mmmmmmmm!" Diese süsse Enge umfing Schuldig wie alle seine feuchten Träume auf einmal. Und diese
Bewegungen! Verdammt! Der Junge war ein Naturtalent! 'Wenn der so weitermacht, werd' ich gleich...' Omi öffnete fast verzweifelt die Augen. ---Schu! Ich kann nicht... kann nicht mehr... werde gleich...--- ---Dann komm,
Baby.--- Er sah nach unten, auf den Schwanz des Jungen kurz vor der Erlösung und pumpte ihn im Einklang mit Omis Bewegungen. ---Ich will dich sehen. Komm für mich!--- Omi bewegte sich schneller, er dachte, er müsse den
Verstand verlieren. Die Worte, das Gefühl... So gut, so heiss! „Oh, Gott! Mein Gott, ja... Ich... JAHAAAAAA!" Schuldig sah in das vor Leidenschaft sanfte Gesicht, fühlte die Muskeln um ihn sich stossartig
zusammenziehen. „Gott, Baby! So geil!" Und in einem wortlosen Schrei folgte er seinem Kätzchen in die Erfüllung. Schuldig blieb lange ruhig sitzen und hielt Omi fest. Er hörte nichts, ausser das rasende Stakkato
seines Herzschlages und wartete, bis sich der ebenso schnelle Atem des Jungen, den er an seinem Hals spüren konnte, beruhigt hatte. Durch den Nebel des Nachglühens nahm er noch den Bartender wahr, der ihnen beiden
zuapplaudierte... und er lachte. Omi schickte dem anderen ein mentales Fragezeichen, und Schuldig beantwortete die unausgesprochene Frage, was ihn amüsierte, mit dem Hinweis auf den klatschenden Mann hinter dem Tresen.
Omi kicherte mit, aber er klang hörbar erschöpft. Schuldig strich ihm ein paar Strähnen von der Wange und küsste ihn auf die Schläfe. ---Keine Sorge. Sobald wir hier draussen sind, hat er es wieder vergessen.---
Omis Gedanken klärten merklich auf. Ihm wurde langsam klar, was passiert war, wusste aber nicht genau, was das für ihn bedeutete. ---Das ist meine geringste Sorge, Schwarz.---
Schuldigs Augen wurden dunkler. Er seufzte. ---Back to business?--- Omi hatte das merkwürdige Gefühl, dass diese Worte den anderen verletzt hatten. ---So hab ich das nicht gemeint---, versicherte er schnell, ohne wirklich
zu verstehen, warum ihm der Gedanke nicht gefiel. Schuldig schnaubte, strich aber sanft durch die blonden Haare des jüngeren Killers. ---Denkst du wirklich, du könntest meine Gefühle verletzen, Kätzchen?--- Omi
versuchte, die kalten Worte mit der zärtlichen Hand auf seinem Kopf in Einklang zu bringen und scheiterte kläglich. Dieser Kerl war der Inbegriff der Gegensätze... Er drückte ihn fester an sich und küsste ihn auf den Hals.
---Können wir gehen? Es ist so laut hier drin.--- Schuldig nickte und half dem Jungen, sich von ihm zu lösen. Das war's dann wohl, dachte er, als er bei sich alles wieder zurechtrückte und sein Hemd notdürftig mit einer
Serviette abwischte. Der Kleine würde nach Hause gehen und in Selbsthass versinken... Omi wartete neben seinem Stuhl auf ihn. Sein Blick fiel auf den Tresen mit einem angefangenen Glas... Omi runzelte die Stirn. Sie hatten
doch gar nichts mehr zu Trinken bestellt. Er griff danach und nippte kurz daran. Er lächelte. Ja, das kannte er. Baileys. Plötzlich schoss ihm die Röte in den Kopf. Also das war es, was Schuldig... Er spürte, wie
der Mann einen Arm um ihn legte und ihn angrinste. Er liess sich durch die Leute zum Ausgang führen. Er spielte nicht einmal mit dem Gedanken zu fliehen. Er hatte gesagt, dass er den Preis bezahlen würde. Die Türe schloss
sich hinter ihnen und Omi drehte sich verwundert um, als Schuldig kurz anhielt. Der andere blickte auf einen weit entfernten Punkt, die Augen halb geschlossen. Omi beobachtete ihn ein paar Sekunden lang, dann fokussierte sich
Schuldigs Blick wieder auf ihn. Omi erwiderte ihn fragend. „Sie haben uns schon vergessen." Omi blinzelte. Das hatte er irgendwie nicht erwartet. „Oh." Schuldig setzte sein patentiertes Grinsen auf.
„Soll ich dich nach Hause fahren?" Er wusste genau, was der Junge dachte, und das beinhaltete eher den Tod in einer Seitenstrasse, als nach Hause fahren... Omi starrte ihn einfach an. Nach... Nach Hause? Schuldig
beugte sich zu seinem Ohr. „Dich zu töten wäre doch Verschwendung", schnurrte er, jedes Wort rollte sinnlich von seiner Zunge. Omi schnappte nach Luft. Gedanken rasten durch seinen Kopf. Schuldig würde ihn wirklich
nicht töten? Oder war das nur ein Scherz? Um ihn zu töten, sobald er dachte, in Sicherheit zu sein...? Ein sanfter Druck gegen seine Stirn holte ihn aus seinen Gedanken.
Schuldig löste seine Lippen von Omis Stirn und deutete zum Parkplatz. „Komm. Ich bringe dich heim." Dann trottete er los.
Omi blieb einige Augenblicke lang perplex stehen. Diesmal zog er sogar in Erwägung davon zu laufen. Schuldig schickte ihm ein Grinsen. ---Das kannst du natürlich auch. Aber zu fahren ist doch bequemer, ne?--- Omi
blinzelte und folgte ihm. Aber warum? Warum folgte er ihm? Omi warf einen Blick zum Club zurück. Wieder hielt er kurz inne... Er hatte gerade zum ersten Mal mit jemandem geschlafen. In einem Club. Auf einem Barhocker. Mit...
„Oh Mann", flüsterte er. Als er sich wieder nach Schuldig umdrehte, stand dieser an einen Sportwagen gelehnt und grinste ihn an.
Schuldig winkte ihm mit dem Autoschlüssel zu. „Mitkommen oder nicht?", fragte er. „Ich..." Da waren so viele Bilder in seinem Kopf. Und alle schrieen danach, endlich verstanden zu werden. Aber er hatte nun mal
keine Zeit, sich mit allem zu befassen, was heute Abend passiert war! Verdammt! So sehr er den anderen Mann hasste... Was heute passiert war... Es war einfach unglaublich, viel mehr, als er es sich jemals hätte
vorstellen können. Und sein Vergnügen wurde auch nicht dadurch geschmälert, dass es an einem öffentlichen Ort mit Leuten um sie herum gewesen war - eher im Gegenteil, wie er selbst überrascht zugeben musste. Nicht einmal
dadurch, dass es mit seinem ärgsten Feind gewesen war, einem Mann, der ihn so oft verletzt hatte - und das nicht nur körperlich. Er wollte... er wollte doch nur... Ihm kamen Bilder hoch, wie der andere ihn gehalten hatte,
geküsst hatte, berührt hatte... Er wollte... gar nicht nach Hause... Er wollte... Schuldig verdrehte die Augen, als ihn die Gedanken des Jungen trafen. Und aus irgendeinem Grund, den er selbst nicht verstand - und auch
keine Lust hatte zu analysieren - gab er Omis Wunsch nach. Er schloss die Beifahrertüre zu seinem Auto auf und winkte Omi zu. „Komm. Steig schon ein." Omi nickte etwas unsicher, tat aber, was er verlangte.
Schuldig schloss die Türe und stieg auf der anderen Seite ein. Omi blinzelte überrascht, als Schuldig nicht den Motor startete sondern nur die Heizung einschaltete und seinen Sitz zurücklegte. Zögerlich fand er die
Augen des anderen und suchte nach einer Antwort.
Schuldig streckte nur einen Arm nach ihm aus. „Komm schon her." Omi entschied, dass das sowohl genervt als auch
verständnisvoll klang... Komischer Kauz, dieser Schuldig... Aber er sah jetzt auch, dass Schuldig ihm das anbot, wovon er davor selbst nicht einmal wusste, dass er es wollte...
Schuldig wartete ruhig. Er achtete peinlich genau darauf, sein Gesicht neutral zu halten. Omi krabbelte schliesslich zu Schuldig auf den Sitz. Er setzte sich auf seinen Schoss, wie er es vor ein paar Minuten schon einmal
getan hatte, schlang die Arme um seinen Nacken und legte den Kopf in seine Halsbeuge. Schuldig legte seine Arme um den kleinen Körper und strich ihm über den Rücken. Omi seufzte zufrieden. Ein Teil seines Gehirns
versuchte ihn zwar darauf aufmerksam zu machen, dass er nicht nur mit dem Feind geschlafen hatte, sondern jetzt auch noch in dessen Armen kuschelte... Omi schnaubte missbilligend. Er wollte diese Gedanken nicht haben und
brachte sie mit einem standhaften 'Halt die Klappe' zum Schweigen. Schuldig lachte leise. Omis Gedankenaustausch war aber auch unterhaltsam. Omi lachte ebenfalls und murmelte: „Ich bin müde und noch halb betrunken.
Dann kann ich nicht mehr so klar denken." Er seufzte, als er die Lippen des anderen wieder auf der Stirn spürte. Eine weitere Frage schlich sich durch seinen Kopf: „Wie lange können wir hier bleiben?"
Schuldig strich ihm durch die Haare, wie bei einer grossen Katze. Fehlte nur noch, dass Omi schnurren würde. „Ist mir egal. Ich muss nirgendwo mehr hin heute." Omi lächelte. Er hatte irgendwie in seinem
nicht-mehr-ganz-wach-Zustand geglaubt, Schuldig hätte eigentlich 'so lange du willst' sagen wollen... Der Gedanke gefiel ihm.
Schuldig runzelte die Stirn und verstärkte seine mentale Barriere als er hörte, was der Junge dachte. Er hatte nicht gewollt, dass er das mitbekam, auch wenn er aus einem ersten Impuls heraus wirklich beinahe das gesagt
hätte... Omi war kurz davor, die Augen zu schliessen, als diese lästige Stimme in seinem Hinterkopf anmerkte, dass er dabei war, auf dem Schoss seines Feindes einzuschlafen...
Schuldig schnappte den Gedanken auf und antwortete: „Schlaf ruhig. Ich tu dir schon nichts." Omi rückte ein Bisschen umher, um es sich bequem zu machen. Und dann, so kurz bevor der Schlaf ihn einholte... traute er
ihm. Schuldig strich ihm weiter durch die Haare und grinste, als nach ein paar Minuten ein leises Schnarchen zu hören war, das doch ganz ähnlich klang, wie das Schnurren einer Katze. Er hing noch etwa eine Stunde
lang seinen eigenen Gedanken nach, die hauptsächlich aus Bildern von heute Abend bestanden. Dann schlief auch er ein.
Nach fast drei Stunden Schlaf kam Omi langsam wieder zu sich. Und erst nach vollen zwei Minuten
dämmerte es ihm, wo er war - und vor allem mit wem... Der Alkohol hatte sich mittlerweile fast vollständig verflüchtigt und das erste Gefühl, das in ihm hochkam, war Angst. Dann schaltete sich sein Killerinstinkt ein.
Er hörte dem Atmen des anderen Mannes zu und stellte fest, dass dieser schlief. Omi blinzelte verwundert. Schuldig würde einfach so einschlafen? Blöd... Immerhin ging es ihm selbst ja auch nicht anders. Langsam hob
er seinen Kopf, sorgsam darauf bedacht, keine schnellen Bewegungen zu machen und den anderen aufzuwecken. Vielleicht würde er plötzlich fliehen müssen. Als er in Schuldigs Gesicht blickte, verharrte er gegen seinen
Willen. Er hatte ja schon immer sehen können, dass der Mann gut aussah - auf eine gefährlich Art und Weise. Aber jetzt... Kein hinterhältiges Grinsen, kein boshaftes Glitzern in den Augen, kein überheblicher
Gesichtsausdruck. Er war einfach nur schön, und er wirkte... nun, er wirkte... unschuldig. Omi lächelte bei dem Wortspiel. Aber vermutlich würde auch der Teufel unschuldig aussehen, wenn er schlief...
Schuldigs Mund verzog sich zu einem Grinsen und seine Augen öffneten sich. Omi erkannte, dass der andere seine Gedanken gehörte hatte... und er lachte. Schuldig schaute ihm zufrieden beim Lachen zu und fühlte sich
merkwürdig erleichtert. Dann sah er auf die Uhr. 4:00. „Ich sollte dich jetzt wirklich nach Hause bringen." Omi sah ebenfalls auf die Uhr und riss die Augen auf. „Wie lange hab ich geschlafen?"
„Etwa drei Stunden." Omis Gesichtsausdruck entspannte sich. Schuldig hatte ihn schlafen lassen... Er drückte ihm seinen sanften Kuss auf den Mund. „Danke." „Kein Problem, Baby." Schuldig verzog
plötzlich das Gesicht. „Aber würde es dir was ausmachen, auf deinen Sitz zu klettern?" Omi rutschte sofort von ihm, als er den Schmerz in seinen Zügen lesen konnte. „Was ist denn?" Schuldig wehrte nur mit
seiner Hand ab und setzte sich auf, aber nicht, ohne laut zu stöhnen und in deutsch vor sich hin zu fluchen. Nach einer Minute gerade sitzen beruhigte er sich wieder. „Hab Probleme mit meinem Rücken und zu lange auf dem
Sitz gelegen." „Woher kommt das?" Ihm war nie aufgefallen, dass Schuldig Rückenprobleme hatte. Schuldig lachte sarkastisch. „Du würdest es wohl ausgleichende Gerechtigkeit nennen..." Er dachte nicht
gerne an das Zusammentreffen mit einem gewissen Golfschläger. Omi blinzelte verwirrt.Schuldig schüttelte den Kopf. „Ein andermal vielleicht, Kleiner." Er startete den Motor.
Kurz überlegte Omi sich noch, woher der andere wusste, wo er wohnte, verwarf den Gedanken aber wieder. Woher würde er das denn wohl
wissen... Schuldig hielt zwei Strassen vom Koneko entfernt an. „Sie schlafen zwar alle, aber es ist sicherer so. Wär nicht so gut, wenn dich jemand bei mir aussteigen sieht, ne?", erklärte er grinsend. Omi
nickte. Er konnte immer noch nicht wirklich glauben, was alles passiert war, und dass der Deutsche ihn tatsächlich nach Hause brachte... Und jetzt wusste er nicht, was er sagen sollte. Er löste seinen Sicherheitsgurt.
Schuldig beugte sich zu ihm und küsste ihn. Lange und ausgiebig. Dann grinste er ihn wieder an. „Damit du mich nicht vergisst." Omi seufzte. Die ganze Zeit fragte er sich, ob sich das wiederholen würde... und ob
er das überhaupt wollte... Schuldig lachte nur leicht. „Vielleicht treffen wir uns ja ausserhalb der Geschäftszeiten mal wieder, wer weiss..." Er grinste. Omi lächelte. Damit konnte er vorübergehend leben. Er
lehnte sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dann stieg er aus und rannte heim. Schuldig sah ihn um die Ecke verschwinden. ---Nacht, Baby.---
Gegen zehn kehrte Omi ins Land der Lebenden zurück. Er streckte
sich genüsslich unter seiner Bettdecke und blinzelte, als ihn die Sonnenstrahlen trafen. Er rieb sich die Augen wie ein kleines Kind und grinste vor sich hin wie die Katze, die gerade den Kanarienvogel gefressen hatte...
Er war ein Bisschen überrascht, dass der erwartete Selbsthass nicht da war... Er fühlte sich sauwohl. Er war am Leben - entgegen aller Erwartungen - und hatte die Nacht seines Lebens hinter sich. Wem würde es nicht gut
gehen? Ungewollt tauchte das Bild von Aya in seinem Kopf auf, wie er reagieren würde, falls er von der letzten Nacht Wind bekäme... Kein schöner Gedanke... ---Dann ist es wohl besser, er erfährt es nicht, wie?---
Omi sprang zu Tode erschrocken vom Bett hoch und stellte fest, dass niemand ausser ihm hier war. Er verdrehte die Augen. ---Verdammt noch mal! Musst du mich so erschrecken???--- Die Stimme in seinem Kopf lachte nur.
---Du dachtest doch nicht, dass du mich so leicht wieder los wirst, Baby?--- Omi wurde rot, bei der Art, wie der andere 'Baby' aussprach. Er erinnerte sich automatisch wieder an letzte Nacht.
Wieder ein Lachen. ---Ich ärgere dich gerne. Du bist süss, wenn du rot wirst.--- Omi liess sich auf sein Bett fallen und konnte dem Drang ebenfalls zu lachen nicht mehr widerstehen. ---Gut geschlafen, Kätzchen?---
Omi schnurrte als Antwort. Schuldigs mentale Hände schlichen sich in seinen Kopf und hielten ihn in einer sinnlichen Umarmung. ---Hmmm... Ich glaube, das sollten wir mal wiederholen---, hauchte er verführerisch.
Omi grinste. ---Vielleicht.--- ---Du überschätzt dich.--- ---Schon möglich. Aber wenn ich dir einfach nachgeben würde, wäre ich ja uninteressant für dich, ne?- -- Schuldig lachte. ---Point taken.---
Sie schwiegen und Omi genoss die mentalen Streicheleinheiten. Schuldig brach die Stille: ---Warum vertraust du mir?--- Omi überlegte, ob er das wirklich tat. Gerade jetzt hätte der Telepath seine geistige Umarmung nur
etwas verstärken müssen und Omi wäre sofort tot gewesen. Trotzdem hatte er keine Angst. Dann fiel ihm ein, wie er auf dem Schoss des anderen eingeschlafen war... aber auch Schuldig hatte der Müdigkeit nachgegeben. ---Warum
vertraust du mir?--- Er lachte wieder. ---Ist doch gut zu wissen, dass wir einander nicht vertrauen.--- Wieder Stille. Diesmal brach sie Omi: ---Sehen wir uns wieder?---
---Auf jeden Fall. Die Frage ist nur, unter welchen Umständen...--- ---So wie gestern---, kam schnell die Antwort. ---Weniger blaue Flecke, als unsere üblichen Begegnungen, wie?--- Omi lachte. ---Ja.--- ---Ich
überlass es dir, Baby. Wenn du denkst, du kannst in einer Woche immer noch damit umgehen, halte deinen Kopf offen, ich werde dir sagen, wo ich bin.--- Das klang gut, gab Omi still zu. Ein paar klare Gedanken bis zu ihrem
nächsten Treffen wären wohl ratsam. ---Noch was, Kleiner. Euer Yotan wird dich nachher über gestern ausfragen... Sei bereit...---, warnte er lachend. Dann war die Präsenz in Omis Kopf verschwunden. Der Junge
blinzelte. Er blieb eine halbe Stunde liegen und fragte sich, wo die Angst, der Hass und all die anderen Gefühle für den Deutschen hin verschwunden waren... Nein, sie waren nicht wirklich verschwunden, sie waren nur...
Omi seufzte. Das gestern... war wie ein Rausch. Die Angst um sein Leben, das Bewusstsein, etwas Verbotenes zu tun... vermengt mit unsagbarer Lust und Zärtlichkeit... Omi war danach, laut zu schreien, um all die Spannungen
in seiner Brust los zu werden. Er tat es nicht. Die anderen würden es hören. Er fragte sich, wie er wohl nächste Woche denken würde... Er war sich nicht sicher. Er schnaubte. 'Wen willst du damit überzeugen?',
fragte er sich. 'Du weisst ganz genau, dass du nicht wirst widerstehen können.' Nein... das würde er wohl nicht. Allein der Gedanke an ein weiteres Treffen mit dem feindlichen Telepathen brachte sein Blut zum Kochen. Und
er war sich absolut sicher, dass der das auch wusste... Er war so... sinnlich, gefährlich, unwiderstehlich, tödlich, heiss, hinterhältig, sexy... Omi wurde schwindlig bei den Gegensätzen, aber genau die machten Schuldig
ja eben unwiderstehlich. 'Und das weiss er. Und wie er das weiss!' Omi grinste. 'Ich hab mich mit dem Teufel eingelassen.' Und es machte ihm nicht das Geringste aus.
Allein schon, dass er es vor den anderen würde verheimlichen müssen, ihnen weiterhin den unschuldigen Jungen vorspielen, war ungemein reizvoll. Ein Geheimnis, das niemand wissen darf - nebst seinem Nachtjob. Aber genau
das war es, nicht wahr? Schuldig und er wussten beide, wie gefährlich der andere sein konnte. Ausser den anderen Jungs von Weiss war Schuldig somit der einzige, vor dem er nichts verheimlichen musste - oder konnte... Es war
ungemein erregend, dem Feind so ausgeliefert zu sein. 'Wir sind ein kleiner Danger-Junkie, huh?' Omi schnaubte bei dem Gedanken. Er war ein Killer.
Danger-Junkie? Pfft! Er -war- die Gefahr. Aber der Thrill war schon ganz nett ausserhalb vom Schlachtfeld... Omi schüttelte den Kopf. Er war mindestens so voller Gegensätze wie sein... Liebhaber. „Ich habe einen
Liebhaber", flüsterte er in einer plötzlichen Erkenntnis. Er lachte und lachte noch mehr, bis das Bett wackelte. „Ha! Nimm das, Youji!" Und weil er wahrscheinlich vor Energie geplatzt wäre, tat er das
Erwachsendste, das ihm einfiel... Er hüpfte eine weitere halbe Stunde auf dem Bett herum und lachte.
***
Omi war in einem kleinen Park unterwegs. Es war bereits dunkel, obwohl es noch nicht so spät war, und
saukalt. Aber er glaubte nicht, dass die Kälte für sein Zittern verantwortlich war. Nein... das war ganz bestimmt nicht die Kälte. Er lief ziemlich schnell, obwohl er nicht den Eindruck erwecken wollte, dass er es eilig
hatte. Aber er wollte auch nicht, dass er durch zögerliches Auftreten ängstlich wirkte... Nun ja, andererseits, wie er ja eben bemerkt hatte, es war kalt. Er hatte also einen Grund, sich zu beeilen.
'Hmpf. Als ob er diese Lüge nicht sofort durchschauen würde.' Dann hielt er mitten in einem Schritt inne. Vielleicht zwanzig Meter von ihm entfernt sass er unter einer Laterne auf einer Bank. Omi konnte ihn nur von
hinten sehen, aber diese Haare waren unverkennbar. Er holte einmal tief Luft, versicherte sich zum tausendsten Mal in dieser Woche, dass es das war, was er wollte und schaltete seinen »Hinterkopf« ab, der ihn weiterhin
davon überzeugen wollte, dass er die Beine in die Hand nehmen und nach Hause rennen sollte. Dann überwand er die letzte Distanz. Wenn der andere ihn bemerkt hatte, zeigte er es nicht. Er sass einfach nur bequem da und
hatte die Augen geschlossen, was Omi sehen konnte, nachdem er um die Bank herum gegangen war. Schlief er etwa? „Ist ein Bisschen kalt, um zu schlafen", kam die Antwort auf die unausgesprochene Frage. Dann öffneten
sich die grünen Augen und Schuldig grinste ihn an. „... ... Hi..." Beinahe verdrehte Omi ob seiner Eloquenz die Augen, er hielt sich aber zurück. Und ihm fiel etwas auf... Schuldig sah anders aus... Ah! Er trug sein
Stirnband nicht. Das war... ungewohnt... aber irgendwie... hübsch. Er wirkte jünger, beinahe sanft. Ein leises Lachen. „Danke." Schuldig stand auf. Omi unterdrückte mit aller Kraft den Reflex, einen Schritt
zurück zu machen. Sein Herz klopfte zum Hals. Aber es war ja klar gewesen, worauf er sich einliess, nicht wahr? Schuldig stellte sich dicht vor ihn, hob eine Hand und legte sie an die Wange des Jungen, auf die andere
drückte er einen kleinen Kuss. „Hey, Baby", flüsterte er. Omi versteifte sich sofort. Noch ein Lachen, nicht viel mehr als ein Luftzug. „Warum denn plötzlich so schüchtern?"
„Diesmal bin ich nicht betrunken", platzte Omi ohne nachzudenken heraus. „In der Tat... Aber es hat gereicht, um hierher zu kommen, nicht wahr?" Er klang amüsiert. Langsam wanderte er mit seinen Lippen von der
Wange zum Mund. Es war kaum ein Streifen der Lippen. Aber das reichte, um Omis Knie weich werden zu lassen. Seine Atmung beschleunigte sich, und seine Augen flatterten und schlossen sich. Noch ein hauchzarter Kuss,
vielleicht ein Bisschen länger als der letzte. Noch einer, diesmal strich die Spitze der Zunge über die rosigen Lippen. Omi begann, die kleinen Zärtlichkeiten zu erwidern. So süss. So süss... Schuldig seufzte leise.
Dann hielten sie beide es nicht mehr aus und versanken in einem tiefen, leidenschaftlichen Kuss. ---So ist es doch besser---, bemerkte Schuldig zufrieden. „Hmmmm." Omi lag es fern, ihm in dem Punkt zu
widersprechen. Gott, tat das gut. Er schlang die Arme um Schuldigs Hals, als er dessen Hände auf seiner Taille fühlen konnte. Nach ein paar Momenten löste Schuldig sich langsam.
Omi wimmerte leise. Konnte das denn nicht bis in alle Ewigkeit so weitergehen? Schuldig lachte ruhig. „Zu kalt für die Ewigkeit, Kätzchen. Hast du schon gegessen?"
Omi blinzelte. Merkwürdiger Themenwechsel. „Ich hab seit fast zwei Tagen kaum was gegessen." „Och... nervös?" Er grinste. „Wie kommst du denn darauf...?", schnaubte Omi sarkastisch. „Ich dachte
nur, da wir ja klar gestellt haben, dass wir einander nicht vertrauen, wir erst mal essen gehen sollten." „Ohhh, verstehe", meinte Omi gespielt ernst. „Du meinst, nachdem wir Sex auf einem Barhocker hatten,
versuchen wir's diesmal mit einem traditionellen Date?" Schuldig lachte. „Versteh mich nicht falsch... Es kommt auf dasselbe raus", schnurrte er und biss Omi leicht in die Halsbeuge. Omi stöhnte leise auf.
„Ich hab nur Hunger", fuhr Schuldig fort und biss diesmal in ein Ohrläppchen. „Und an dir ist zu wenig dran, um satt zu werden... Aber als Dessert... Hm..." Er küsste ihn wieder. „Wie siehst du das?
Irgendwelche Einwände?" Omi schüttelte den Kopf. „Nein. Jetzt wo du's sagst, könnte ich auch was zu Essen vertragen." Schuldig grinste und legte einen Arm um ihn. „So gefällst du mir, Baby", grinste
er und führte Omi aus dem Park. Sie suchten sich eine kleine Pizzeria aus, von der sie relativ sicher waren, dass niemand aus ihren zwei Teams sie dort überraschen würde.
Zur Sicherheit hielt Schuldig die »Augen« offen. Merkwürdigerweise war einfach da sitzen und reden für beide überraschend entspannend. Sie redeten nicht über etwas Bestimmtes, einfach nur Smalltalk. Manchmal sogar
über ihre Arbeit - in einem gewissen Rahmen natürlich. „Also", warf Schuldig ein, nachdem er das letzte Stück Pizza aufgegessen hatte. „Hat Yotan dich ausgefragt?" Omi verschluckte sich beinahe an seinem
Wein, als er versuchte, sich das Lachen zu verkneifen. Er nickte grinsend. „Was hast du ihm gesagt?" Omi kicherte. „Ich hab ihm gesagt, dass ich ihm erzähle, was ich getan habe, wenn ich alt genug dafür
bin." Schuldig lachte laut. „Sein Gesicht hätte ich gerne gesehen." „Oh ja, das war unbezahlbar." Er lächelte. „Ken ist knallrot angelaufen und hat gelacht. Und Aya... Ich bin mir nicht sicher, ob
er überhaupt reagiert hat..." Schuldig verdrehte die Augen. „So einen hab ich zu Hause auch." Omi wurde es bei der Erwähnung von Schuldigs 'Zuhause' ein wenig unbehaglich. „Crawford?", fragte er
zögerlich. Schuldig schien nichts von Omis Unbehagen mitzubekommen, oder aber er ignorierte es einfach. „Yup. Crawford. Du kannst dir nicht vorstellen, wie langweilig es ist, wenn man ihn nicht mal an einem ersten
April reinlegen kann." Omi lachte, wenn er sich vorstellte, dass Crawford jeden Streich, den Schuldig aushecken konnte, bereits voraussah... „Ich wette, du versuchst alles, um ihn mal aus der Reserve zu locken,
was?" Schuldig grinste. „Natürlich. Ein Bisschen Spass muss sein. Bradley wird immer so schön wütend." „Bradley?" „Er *hasst* es, wenn man ihn beim Vornamen nennt. Brad ist schon schlimm genug,
aber nenn ihn Bradley, und er geht an die Decke." Er lachte unheilvoll. „Die Versuchung ist einfach zu gross." Omis Gesichtsausdruck wurde plötzlich ernst und er seufzte. „Schu... Was machen wir hier? Ich
meine... wir sind Feinde... Und jetzt sitzen wir hier und essen..." Schuldig nahm einen Schluck Wein. „Nun... genau genommen, sind wir keine Feinde mehr... Bestenfalls noch Rivalen."
Omi schaute ihn fragend an. Schuldig zuckte die Schultern. „Ihr habt unseren Arbeitgeber ausgeschaltet. Jetzt arbeiten wir alleine. Kritiker ist uns scheissegal. Sollen sie machen, was sie wollen. Und was euch Weiss
angeht..." Er seufzte. „... Ihr seid unterhaltsam. Ab und zu steht ihr uns im Weg, wenn unsere Aufträge einander in die Quere kommen... Aber wir sind nicht hinter euch her, und ihr seid nicht hinter uns her. Wir treten
uns höchstens mal auf die Füsse." „Ich glaube nicht, dass Aya das genau so sehen würde..." Schuldig schnaubte. „Nun, *Aya* geht auch mit keinem von Schwarz ins Bett... Zumindest nicht, dass ich
wüsste." Er lachte. „Obwohl er und Brad zueinander passen würden wie die Faust aufs Auge..." Omi verzog das Gesicht. „Ich weiss nicht, ob ich mir das vorstellen will..."
Schuldig grinste und projizierte Omi ein Bild von den beiden in... voller Aktion... „Aaarrrghhh! Schu! Hör auf damit!" Er lachte. „Wären sie nicht ein Traumpaar?"
Omi schüttelte vehement den Kopf. „Grauenhafte Vorstellung..." „Wenn deine Leute von uns erfahren würden, würden sie wohl dasselbe sagen, Klein-Omittchi."
Omi zuckte die Schultern. Wenn er Glück hatte, würde er das nicht herausfinden müssen. Schuldig leerte sein Glas. „Willst du noch Nachtisch?"
Omi hob eine Augenbraue und grinste. „Ich dachte, ich sei der Nachtisch." Schuldig erwiderte das Grinsen. „Okay, wie wäre es dann mit einem Vor-Nachtisch?"
Omi zog es in Erwägung und sein Gesicht zeigte deutlich, dass er absolut nichts einzuwenden hätte. Schuldig lachte. Der Kleine war wirklich niedlich. „Du bist aber auch ein süsses Kätzchen."
Schuldig hielt den schlafenden Jungen in den Armen und strich ihm über den Rücken. Da ihr zweites Treffen kein Zufall mehr war, hatten sie sich ein Hotelzimmer für die Nacht gemietet. Diesmal hatten sie sich genug
Zeit genommen, ihre Körper gegenseitig langsam zu erkunden. Es war eine ganz andere Art des Zusammenspiels. Und Schuldig war geradezu davon angetan. Der Junge faszinierte ihn. Omi hatte sich so viel seiner jugendlichen
Unschuld bewahren können, trotz all der widrigen Umstände, die er in seinem Leben überwinden musste, trotz dem vielen Blut, das an seinen Händen klebte... Und ein weiteres Stück dieser Unschuld hatte er ihm nun geraubt.
Diese Tatsache fühlte sich nicht so gut an, wie er angenommen hatte. Nach und nach spielte er diese Gedanken in seinem Kopf durch... Aber er wollte Omi seine Unschuld nicht nehmen. 'Ein Bisschen spät dafür, meinst du nicht?
Er seufzte. Omi hatte noch genug Unschuld an sich. Unschuld, die es zu schützen galt. Er schaute in das Gesicht, mit den vertrauensvoll geschlossenen Augen. Beobachtete, wie sich die Brust langsam hob und senkte. Ab
und zu bekam er ein paar Traumfetzen mit. Es waren merkwürdige Träume, und er wunderte sich, wie der Junge trotzdem so ruhig da liegen konnte. Eines war ziemlich deutlich. Omi hatte Schuldgefühle, sehr starke, und Schuldig
wusste, dass diese Gefühle dem Jungen die letzte Unschuld nehmen konnten. Das würde er nicht zulassen. Er war jetzt *sein* Kätzchen. Und sein Kätzchen durfte dieses Leuchten in den Augen nicht verlieren.
Dafür würde er Sorge tragen. Er blinzelte, als Omis Gedanken klarer wurden. Er strich dem Kleinen ein paar Strähnen aus dem Gesicht und Omi öffnete die Augen. Ohne es wirklich zu bemerken, lächelte Schuldig sein
verschlafenes Kätzchen an. „Hey, Baby", flüsterte er. Omi hob verwundert eine Hand uns strich Schuldig über die Lippen. „Das steht dir", bemerkte er leise und erwiderte das Lächeln.
Schuldig küsste den Finger und grinste. „Du bist ansteckend." Omi lachte. „Wie spät ist es?" Schuldig schaute auf die Nachttischuhr. „Halb drei. Musst du nach Hause?" „Das sollte ich langsam.
Wir haben morgen..." Omi brach sofort ab und seine Augen weiteten sich.Schuldig lachte nur amüsiert. „Ja, ja. Ihr habt eine Mission. Weiss ich schon." Omis Augen verdunkelten sich sichtlich. Schuldig seufzte
resignierend. „Kätzchen, wenn ich die Gedanken von einem von euch lesen will, dann tu ich das. Das hier...", er deutete auf das Hotelzimmer, „... ist nicht nötig. Und das weisst du."
Omis analytischer Blick blieb. „Hast du es von mir?" Schuldig zuckte die Schultern. „Es spielt zwar keine Rolle, aber... Nein. Crawford hat es uns gesagt."
„Ich dachte, wir interessieren euch nicht?", fragte Omi weiterhin misstrauisch. Schuldig grinste. „Ich sagte, ihr seid unterhaltsam. Aber Crawford informiert uns, wenn er etwas sieht. Vermutlich wäre einer von
uns in eurer Nähe gewesen, und es hätte eine unliebsame Begegnung gegeben... Die Order lautet, uns von euch fern zu halten, wann immer möglich." Omi grinste. „Du verstösst gegen die Order?" Schuldig
lachte. „Ich bin sicher, Crawford meinte auf geschäftlicher Ebene... Und wenn nicht..." Er grinste. „... Wird er nur wieder so schön sauer." Omi überlegte einen Moment. „Da du eh schon gegen die Order
verstossen hast... Kann ich dich etwas geschäftliches fragen?" „Wir werden ja sehen, ob ich dir antworte..." Er zwinkerte. „Warum leben wir noch?" „Du meinst Weiss?" Omi nickte. „Wir
beide wissen, dass wir keine Chance gegen euch haben. Trotzdem leben wir noch. Warum?" Schuldig holte einmal tief Luft. Aber die Frage war nicht so leicht zu beantworten. Omi unterbrach ihn, bevor er etwas sagen
konnte: „Und erzähl mir nicht, ihr habt uns am Leben gelassen, weil wir euch amüsieren. Das kaufe ich dir nicht ab." Schuldig lachte. „Bist du sicher? Ich amüsiere mich jedenfalls."
Omi hob eine Augenbraue, sagte aber nichts weiter. Schuldig seufzte. „Crawford killt mich, wenn ich dir noch mehr sage." „Das bezweifle ich", meinte Omi ruhig.
Schuldig verzog das Gesicht. „Ich dachte, ich sei der Telepath..." Omi lachte leise. „Ich kann ja auch raten, wenn dir das lieber ist..." „Du hast also schon eine Theorie?"
Omi nickte eifrig. „Crawford sieht in die Zukunft, richtig?" Schuldig nickte unbehaglich. Omi war bis jetzt schon mal auf der richtigen Fährte. Omi fuhr fort: „Vielleicht hat er ja gesehen, dass er uns
irgendwann noch brauchen wird", schloss er triumphierend. Schuldigs Gesichtsausdruck wurde kalt. „Seine direkte Order lautet, keinen von euch zu töten oder permanent zu verletzen."
Omis Augen weiteten sich. „Ich hatte Recht?", hauchte er. Schuldig nickte. „Kein Wort an dein Team, verstanden?" Omi nickte. „Ich werde nichts sagen." Er wirkte traurig. Warum musste er auch mit dem
Job ihre kleine Welt vergiften? „Es tut mir leid. Ich hätte nichts Geschäftliches hierher bringen sollen. Ich tu es nicht noch einmal."
Schuldig nickte wieder sachlich. „Dafür wirst du mir eine Frage über euer Team beantworten."
Omi sah erschrocken auf. Er wollte widersprechen, aber das wäre nicht gerecht gewesen.
Schuldig beruhigte ihn: „Es ist das letzte Mal. Wir halten danach Geschäftliches und Privates getrennt. Aber ich habe eine Frage." Omi nickte. Er war bereit, die Frage zu beantworten. Schuldig war hoch
erfreut. Er wollte nicht wirklich etwas wissen. Er hätte es ja aus den Gedanken von allen von Weiss holen können, wenn er gewollt hätte... Aber die Tatsache, dass Omi ihm freiwillig etwas über sein Team verraten würde,
einfach nur, um der Gerechtigkeit genüge zu tun... Dann grinste er. „Bin ich eigentlich der einzige, der gemerkt hat, dass Hidaka hinter Kudou her ist?" Omis Unterkiefer klappte nach unten. Dann brach er in
schallendes Gelächter aus. Er hatte solche Angst gehabt, was die Frage sein würde, und jetzt... „Ist das dein Ernst?" Schuldig nickte. „Oh, ja."
Omi lachte noch ein Bisschen, dann überschüttete er Schuldig mit Küssen. „Danke, danke, danke..." Schuldig fing Omis Mund ein und sie verloren sich in einem innigen Kuss. --- Ich will dich nicht zu einem Verräter
machen, Baby. Und das sollst du wissen. --- Omi rollte sich über ihn und schickte seine Hände wieder auf Wanderschaft. „Hmmm", summte Schuldig. ---Das ist besser als der Barhocker, was?"
---Mhm... aber der war auch nicht schlecht.--- Ein Lachen. ---Du bist ja ein verkappter Exhibitionist, Kätzchen.--- Omi drehte sie beide herum, bis er unten lag und verpasste Schuldig einen Klaps auf den Hintern.
Schuldig lachte laut und wanderte mit seinen Lippen Omis Hals entlang tiefer. Omi seufzte zufrieden. Er amüsierte sich inzwischen offensichtlich auch mit Schwarz... Ausgleichende Gerechtigkeit...
*** Vor zwei
Tagen hatte es angefangen zu schneien. Es war heute der dreiundzwanzigste Dezember - mehr als ein Monat nach Omis Treffen mit Schuldig in jenem Club - und Weiss' jüngstes Mitglied rannte durch dunkle, verlassene Strassen. Es
war noch kälter geworden. Er hatte etwas unter seiner Jacke versteckt und hielt es fest im Griff. Ken hatte darauf bestanden, dass das ganze Team Weihnachten zusammen verbringen würde. Sie waren immerhin so etwas wie eine
Familie. Und Omi hatte nichts dagegen, aber es hatte den einen Nachteil, dass er jetzt spät nachts noch durch die Stadt laufen musste, um einem gewissen jemand sein Weihnachtsgeschenk zu bringen. Ihm war klar, dass er sich
morgen Abend nicht würde davon stehlen können. Er wusste nicht einmal, wie Schuldig auf das Geschenk reagieren würde... Würde er die Idee albern finden? Würde er ihn auslachen? Oder das Geschenk zurückgeben? Oder gar
wegwerfen? Er hatte keine Ahnung, warum er sich überhaupt die Mühe machte... Natürlich, sie beide hatten eine gute Zeit zusammen. Aber das war auch alles. Es war doch nur Sex, nicht wahr? Aber Omi kannte sich selbst
besser. Mit Schuldig hatte er sein erstes Mal verbracht. Mit Schuldig redete er manchmal über Dinge, die er nicht einmal Ken anvertrauen würde... Und obwohl er nicht wusste warum, hörte Schuldig ihm immer zu... erzählte
manchmal selber Kleinigkeiten. Omi hatte für sich zugeben müssen, dass er den anderen Mann mochte. Er war gerne in seiner Gegenwart - nicht nur für Sex, auch zum Reden, oder einfach, um dessen Präsenz in seinem Kopf
zu spüren. Er fühlte sich nicht mehr alleine. Natürlich endeten - oder begannen - ihre Treffen bisher immer mit Sex. Er hatte sogar weniger Gewissensbisse wegen seinem Job. Schuldig hatte manchmal in kleinen,
unbedeutenden Bemerkungen fallen lassen, dass Omis Tun Recht war. Dass es einen guten Grund gab zu töten. Ein Grund, von dem Schuldig offen zugab, dass er ihn meistens nicht kümmerte, wenn er tötete.
Omi eilte um die nächste Ecke und wurde bereits von dem Schwarz-Killer erwartet. Schuldig drehte sich nach dem Jungen um. Er hatte den Kragen hoch gezogen, vermutlich, als der Wind zugenommen hatte.
Omi stand mit geröteter Nase und Wangen vor ihm und atmete weisse Wölkchen in die kalte Nachtluft. Schuldig musste unwillkürlich lächeln bei dem Anblick. „Ich habe dir gesagt, dass ich nicht viel Zeit habe."
Omi nickte schnell. „Ich weiss. Es dauert nicht lange." Er nestelte das kleine Päckchen unter der Jacke hervor und streckte es dem Telepathen entgegen.
Schuldig schaute auf das Geschenk, als würde es ihn gleich beissen. Omi lachte nur. „Frohe Weihnachten." Schuldig nahm das Geschenk schliesslich entgegen und sah Omi in die Augen. „Warum tust du das?"
Omi zuckte schlicht die Schultern. „Ich weiss nicht. Ich denke, wir sind so was wie Freunde geworden, auch wenn du das anders siehst. Und es ist irgendwie albern, ich weiss schon. Aber ich wollte dir etwas schenken",
brabbelte er. „Nimm es einfach, okay?" Schuldig schüttelte es leicht. „Was ist drin?" Omi lachte. „Wirst du schon sehen. Aber du darfst es erst morgen Abend aufmachen." Er sah auf die Uhr. „Ich
muss auch schon wieder los. Ich wollte dir das nur schnell bringen." Er machte einen Schritt näher an den anderen heran und küsste ihn knapp. Dann drehte er sich um und rannte los.
Schuldig rief ihn nach ein paar Metern zurück. „Hey, Kätzchen!" Omi drehte sich um.
Schuldig grinste nur. „Kannst du so gut fangen wie werfen?" Omi betrachtete ihn fragend, aber bevor er die Frage
aussprechen konnte, flog etwas Kleines in seine Richtung. Aus Reflex fing er es auf... Ein Päckchen. Kleiner als seines für den Deutschen, aber... Ein Päckchen! Omi sah auf, direkt in die Augen des anderen, der ihm noch
zuwinkte. „Frohe Weihnachten!" Dann war Schuldig auch schon wieder weg, und Omi wusste nicht, ob er auf das Geschenk oder auf die Stelle, wo Schuldig verschwunden war, starren sollte.
Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Es war ein glückliches Lächeln. Glücklich, wie lange nicht. Schuldig hatte ihm ein Geschenk besorgt... Ein Geschenk!
Mit einer handschuhbedeckten Hand wischte er sich über die feuchten Augen. ---Danke!--- Schuldig beobachtete ihn aus den Schatten. Er konnte deutlich sehen, dass das nicht eines von Omis »Standard-Lächeln« war, die er
automatisch aufsetzte. Nein, das hier war echt. Das beunruhigte ihn. Obwohl er den Jungen glücklich sehen -wollte-... fühlte er sich unwohl. Sowohl wegen der Tatsache, dass er offenbar für jemanden genug empfand, um nett
zu ihm zu sein, als auch, dass er damit Erfolg hatte. Schuldig war kein Idiot. Er wusste, dass Omi ihm die Schuld für den Tod seiner Schwester gab... Nun, natürlich tat er das. Er hatte ja abgedrückt. Am deutlichsten
sah er das in Omis Träumen, oder wenn er sich in seine Gedanken schlich, wenn sein Kätzchen alleine zu Hause war. Omi kämpfte mit sich. Es war eine Sache, sich mit einem feindlichen Killer einzulassen, aber eine ganz
andere, in den Armen des Mannes zu liegen, der ihm seine letzte wirkliche Familie genommen hatte. Er ertappte Omi oft dabei, wie er sich immer wieder sagte, dass Weiss jetzt seine Familie wäre. Dass Ouka durch die Umstände
getötet wurde, und Schuldig nur noch das Mittel zum Zweck war. Schuldig seufzte. Omi dachte diese Gedanken nie in seiner Gegenwart. Er schottete die Realität von ihrer zweisamen Welt ab. Aber er wusste, dass irgendwann
diese Barriere brechen würde... Und dann? Wenn einer von Weiss von ihren heimlichen Treffen erfahren würde? Wäre das das Ende ihrer Spielereien? Sein Magen drehte sich. Es gefiel ihm nicht, wie er langsam weich
wurde. Er war immer noch der skrupellose Killer, aber dieser Junge war seine Schwäche... oder vielleicht hatte er einfach eine Schwäche für den Jungen...? Schwächen sind gefährlich.
Schuldig holte einmal tief Luft und setzte sein Standardgrinsen auf. Er war Schuldig! Er war Schwarz! Niemand konnte es mit ihm aufnehmen. Und diese kleine »Schwäche« würde er sich jetzt eben einfach erlauben...
***
Mitte Januar. Es hatte die ganzen Wochen seit Dezember geschneit. Ungewöhnlich für die japanische Hauptstadt. Der tokioter Verkehr hatte zwei Wochen gebraucht, um sich einigermassen darauf einzustellen. Jetzt lief
das Treiben in der Stadt wieder mehr oder weniger reibungslos. Omi streckte sich ausgiebig in dem grossen Bett und schaute zufrieden aus dem wandfüllenden Fenster dem Schneetanz zu.
Schuldig lag hinter ihm und hatte die Arme um ihn geschlungen. Ein Treffen mitten am Tag war selten für die beiden. Aber sie hatten es geschafft, sich etwa einmal in der Woche zu treffen. Manchmal sogar mehr als das.
Jetzt waren sie beide müde und noch so wunderbar benebelt von ihren vorherigen Aktivitäten. Schuldig küsste Omis Nacken. „Hat Youji dich wieder ausgequetscht?" Omi seufzte und legte eine Hand unter seine Wange.
Er nickte. „Die anderen haben auch gemerkt, dass ich anders bin... Aber noch haben sie keinen wirklichen Verdacht." „Youji denkt, du hättest eine Freundin." „Das dachte ich mir schon."
Schuldig schwieg einen Moment lang. Omi klang kühl, bedacht. Und er wusste genau weswegen. „Denkst du darüber nach, was passiert, wenn sie's herausfinden?" Wieder nickte Omi. „Weiss du, es geht mir gar nicht
darum, was sie denken werden, oder dass ich mir dann wohl stundenlange Vorträge anhören muss oder Schlimmeres... Ich frage mich nur... wie -ich- danach denken werde." „Und das macht dir Sorgen?" Omi zuckte
die Schultern. „Ich werde dich danach immer noch sehen wollen, das ist es also nicht. Es ist nur..." „Unsere zweisame Welt wird dann nicht mehr zweisam sein."
„Ja." Wieder sagte keiner etwas. Omi fragte schliesslich weiter: „Kann es überhaupt sein, dass Crawford nichts von uns weiss?" „Puh. Wer weiss schon, was in seinem Kopf vorgeht. Er ist der einzige, den
ich nicht lesen kann, wenn er nicht will. Er kann seine Visionen nur zum Teil steuern. Aber wenn es essenziell für Schwarz wäre, hätte er es wohl längst kommen sehen." „Was ja eigentlich heisst, unsere Treffen
haben keinen schlechten Einfluss auf die Teams...?", fragte Omi hoffnungsvoll. Schuldig nickte. „Und wenn Crawford etwas gesehen hat, dann hätte er längst etwas unternommen, wenn es schaden würde. Ich denke, wir
sind relativ sicher." Omi grinste. „Du machst dir Gedanken um meine Sicherheit?" Ein amüsiertes Lachen. „Um meine natürlich. Aber da ich mich mit dir treffe, hängt das nun mal zusammen."
Omi kicherte müde. „Ich hab dich lieb gewonnen, weisst du...?" Diesmal war das Lachen fast boshaft. „Hast du eine Ahnung, worauf du dich da einlässt?" Omi wurde ernst. „Mehr als dir lieb ist." Er
kannte die Schwäche des Telepathen. Manchmal war sie deutlich zu sehen. Schuldig grinste nur bestätigt. „Ich wusste, du kannst mit mir mithalten. Du bist eine richtige Herausforderung." Omi lachte und warf
ihm einen Blick über die Schulter hinweg zu. „Wir sind beide völlig irre, ist dir das klar?" „Oh, ja", schnurrte er und blitzte ihn unheilvoll an. Omi lachte wieder. Er liebte diese Spielchen. Dann
erinnerte er sich an etwas. „Apropos irre... da fällt mir was ein." „Mhm", murmelte Schuldig, während er an einem von Omis Ohrläppchen nuckelte.
Omi quietschte. „Hör auf, das kitzelt!", protestierte er. Schuldig lachte und leckte ein letztes Mal an der Ohrmuschel. „Also, was ist dir eingefallen?"
Omi bemühte sich, seine Gedanken wieder abzukühlen. „Ähm... Ja... Farfarello letzte Woche..." „Ja..." Schuldig erinnerte sich. Die beiden Teams waren sich über den Weg gelaufen. Es ging um dasselbe Ziel,
aber Schwarz wollte das ganze Gebäude platt machen, während Weiss noch Daten sammeln sollte. Aya und Crawford hatten sich so quasi mitten auf dem Schlachtfeld einigen können. Sehr zu Ayas Missfallen, musste Weiss die
Drecksarbeit machen und bekam dafür die Zeit, um den Computer anzuzapfen. Bei den Verhandlungen - eher Bedrohungen - der beiden zuzusehen, war eine wahre Freude gewesen. Schuldig hatte sich bis zum geht nicht mehr amüsiert.
Omi fuhr fort: „Ich weiss nicht, wie ich das beschreiben soll... aber er wirkte nicht ganz so durchgeknallt wie auch schon...“
„Brad hat ihn auf experimentelle Medikamente gesetzt. Sie scheinen anzuschlagen." „Medikamente?" Omi liess sich das durch den Kopf gehen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der junge Ire jetzt plötzlich
normal sein würde... Schuldig lachte. „Er wird nie normal sein. Aber zumindest leichter zu kontrollieren." „Ich hätte nicht gedacht, dass er Pillen schlucken würde." „Nagi kümmert sich um ihn. Es
ist merkwürdig, aber Farfie hört auf ihn. Und Brad meinte, es würde Nagi Verantwortungsgefühl lehren... Was auch immer. Jedenfalls müssen wir nicht mehr so viel Blut hinter Farfie aufwischen." Omi giggelte.
Schuldig beschloss, dass er jetzt genug geredet hatte. Er beugte sich über Omi und begann ihn ausführlich zu küssen. ---Wie müde bist du genau? Zu müde?---
Omi erwiderte sofort. ---Auf keinen Fall. Ich muss bald wieder weg und ich will die Zeit voll auskosten...--- ---Lässt sich einrichten---, kam die Antwort, als Schuldig sich einen Weg zu Omis Bauch und weiter küsste.
***
Weiss Mission. Sie hatten sich im Zielgebäude in zwei Teams aufgeteilt. Abyssinian mit Siberian und Balinese mit Bombay. Der Hit war einfach genug. Ein Meeting, fünf Anwesende, alle ausschalten. Omi
war mit seinen Recherchen schneller fertig gewesen, als sie erwartet hatten. Alles lief wie am Schnürchen. Omi und Youji sollten erst die Bodyguards ausserhalb des Konferenzraumes aus dem Verkehr ziehen.
Ken und Aya hielten sich bereit zuzuschlagen. Noch waren Omi und Youji im Treppenhaus und warteten auf den vereinbarten
Zeitpunkt. Soweit wie möglich sollten sie den Funkkontakt vermeiden. Omi sah immer wieder auf die Uhr. Wenn doch alles gut ging, warum war er bloss so nervös? Eben gerade, -weil- alles reibungslos ablief? Nun, laut Birman
würde es auch kein schwieriger Auftrag werden... aber... es könnte doch auch sein, dass die Kritiker-Leute sich mal irrten... Wieder die Uhr. Zwei Minuten bis sie zuschlagen sollten. Er nickte Youji zu, und sie eilten die
letzten drei Stockwerke nach oben. Sie warteten hinter der Treppenhaustüre. Noch eine Minute fünfzehn. Omi wischte sich den Schweiss von der Stirn und hoffte, Youji würde seine Unsicherheit nicht bemerken. Seine
Hand zitterte. Verdammt! Was war denn nur los? Noch eine Minute. Omi liess seine ganze Planung noch einmal vor seinem geistigen Augen ablaufen. Doch... er hatte alles bedacht... Eine Lücke hätte er bemerken müssen, es
sei denn natürlich, dass die Zielpersonen sie erwarteten. Aber das war nicht möglich! Sie konnten es unmöglich wissen. Noch fünfundvierzig Sekunden. Omi rief sich zur Ordnung. Schluss mit den ganzen Albernheiten. Sie
würden den Auftrag schnell und sauber über die Bühne bringen. Keine Probleme, die Recherchen waren alle korrekt gewesen... Dann plötzlich: ---OMI! Die warten auf euch!--- Omi riss aus seiner Gedankenwelt gerissen
panisch die Augen auf, als er die bekannte Stimme in seinem Kopf hörte. Youji schickte ihm einen fragenden Blick. Er hatte Omis Nervosität schon den ganzen Abend lang bemerkt, dachte aber bisher, er bilde es sich nur ein.
Omi täuschte kurz vor, ihm sei schwindlig und hielt die Hand vor die Augen. ---Schu??? Was ist hier los?--- ---Deine Info ist fake! Drei Wachen im Flur, nicht fünf. Sieben weitere im Zielraum. Zielobjekte in einem
Nebenraum dahinter---, kam die knappe Erklärung. Die mentale Stimme klang irgendwie ausser Atem, so weit man das von einer eben nur mentalen Stimme sagen konnte... Als hätte er gerade erst zufällig die Gefahr bemerkt.
Omis Kopf schoss hoch. Er sah auf die Uhr. Fünfzehn Sekunden. Er zischte ins Mikro: „Abyssinian. Melden." Ihm kam nicht einmal der Gedanke, dass Schuldig ihn belügen konnte. Nein. Er vertraute ihm.
Youji starrte Omi an. „Was ist los?", flüsterte er. Aya meldete sich. „Abyssinian hier. Ich sagte, kein Funkkontakt..." „Das ist eine Falle. Sie warten auf uns." Schuldig schickte noch weitere
Anweisungen: ---Ihr solltet keine Probleme mit den sieben haben. Erst als Überraschung wären sie euch gefährlich geworden.--- Omis Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Er konnte den anderen diese genauen Zahlen der
Leibwächter nicht sagen, ohne aufzufliegen... „Vermutlich weitere Wachen im Konferenzsaal. Zielpersonen wahrscheinlich im zweiten Nebenraum links." Stille. Aya schien darüber nachzudenken. Dann: „Wir gehen wie
geplant vor. Bombay, du schaltest mit Balinese die Wachen vor der Türe aus. Dann gehen wir alle vier rein. Ich nehme mir den Nebenraum vor." „Verstanden." Er nickte Youji zu und sie schlugen los.
Tatsächlich. Nur drei... Die drei Wachen wussten nicht, wie ihnen geschah, als zwei davon plötzlich mit kleinen Pfeilen am Hals am Boden lagen und der dritte noch kurze Zeit um Luft rang.
Aya und Ken trafen von der anderen Seite her auf sie. Youji öffnete die Türe, Omi sollte als erster eintreten, da seine Waffe eine grössere Rechweite hatte, als die der anderen, und er am ehesten die unmittelbarste Gefahr
ausschalten konnte. Sieben... wie Schuldig gesagt hatte. Zwei fielen hin. Youji nahm sich den dritten vor und Ken erledigte zwei weitere, während Aya die Türe zum Nebenraum aufstiess. Sein grimmiger Blick wurde von
fünf überraschten entgegnet. Einer der fünf wagte einen letzten, verzweifelten Versuch, indem er Aya angriff. Sein Schrei ging in einem letzten Gurgeln unter, als er mit einer klaffenden Wunde mitten durch seinen
Oberkörper auf den Boden sank. Nun traten die drei weiteren Assassins in das Zimmer. Mit dem Licht im Rücken wirkten die vier in dem verdunkelten Raum wie der Tod persönlich. Keines der Opfer kam noch zum Schreien.
Omi lag in seinem Bett. Der Auftrag war kein Problem mehr gewesen, nachdem sie wussten, was sie erwarten würde. Sie hatten keine zehn Minuten gebraucht, um alle auszuschalten und das Gebäude zu verlassen. Mit ihren
ursprünglichen Informationen wären sie direkt ins offene Messer gerannt... Und wie es jetzt gelaufen war, musste Omi eine plausible Erklärung finden, woher er plötzlich wusste, dass die Falle für sie aufgestellt worden war.
Er kam mit einer Ausrede, dass die Infos zu leicht zu finden gewesen waren, und es ihm von Anfang an merkwürdig vor gekommen sei. Dann noch ein paar Bemerkungen von der Architektur des Gebäudes - weswegen er den Nebenraum
kannte - und er habe einfach ein schlechtes Gefühl gehabt. Er starrte an die Decke. Er konnte immer noch nicht glauben, dass sie ihn nicht weiter ausgefragt hatten. Er dachte schon, das sei's gewesen...
--- Deine Erklärungen müssen ihnen ganz plötzlich aus irgendeinem Grund plausibel erschienen sein...--- Omi grinste. --- Aus irgendeinem Grund? Was denn für einer? ---
Ein mentales Schulterzucken. ---Woher soll ich denn das wissen?--- Jetzt machte es Sinn, dass er nicht weiter ausgefragt worden war... Er lachte. ---Danke.---
---Ich lasse mir meine Spielsachen doch nicht einfach so wegnehmen, Kätzchen.--- ---Wirst du etwa weich?---, witzelte Omi. ---Pffft! Das hab ich überhört.--- ---Sehen wir uns Freitag?---
---Natürlich---, meinte Schuldig selbstverständlich. ---Du schuldest mir noch was.--- ---Deal. Schlaf gut.--- ---Nacht, Baby.---
So bald konnte Omi aber nicht einschlafen. Schuldig hatte ihnen mit einer Mission geholfen... Manchmal hatten sie zwar die Grenzen ein Bisschen überschritten, indem sie über Aufträge redeten, wo sie eigentlich dem Gegner
nichts hätten sagen sollen... aber direkt helfen? Omi wusste, dass er ebenso gehandelt hätte. Und das ohne zu zögern. Es war schön zu sehen, dass der Telepath auch so dachte. Ob er das wohl bewusst getan hatte? Oder
hatte Schuldig einfach die Gefahr bemerkt und sofort gehandelt? Egal, wie es nun gewesen war... es wärmte Omi nur noch mehr für seinen Liebhaber auf.
***
Mittlerweile war es Februar. Noch eine knappe Woche
bis Valentinstag und drei Wochen bis Omi endlich volljährig sein würde. Alle vier Jungs waren im Blumenladen um die bevorstehende Flut an Aufträgen im Voraus gut organisiert zu bekommen.
Omi arbeitete gerade an einem Blumengesteck und träumte vor sich hin. Die letzte Nacht war ausgesprochen... inspirierend... Er lächelte leicht. Zwar hatte er sich nicht mit Schuldig treffen können, aber das hatte sie
beide nicht davon abgehalten, sich anderweitig zu amüsieren. Telepathisch verbunden, mit der Vorstellung, die eigenen Hände seien die des anderen... Hm, ja... sehr inspirierend. Bis irgendetwas Omis Traumwelt störte. Er
sah auf und sah Youji, der offensichtlich seinen Namen rief. „Was ist?", fragte er. „Sag mal, weilst du überhaupt noch unter uns?", donnerte Youji von oben auf den Jungen herab. Omi blinzelte nur und liess
sich von Youjis aufgebauter Pose nicht beeindrucken. „Ich weiss nicht, was du willst. Ich wollte nur noch das Gesteck fertig machen." Youji seufzte laut und wedelte mit einem Zettel vor Omis Gesicht herum.
„Lieferauftrag. Du bist dran", verkündete er und legte den Zettel vor Omi. „Ich mach das hier fertig." Omi griff nach der Notiz mit der Adresse, nahm die Schachtel mit der Lieferung unter den Arm und machte
sich auf den Weg. Eigentlich war es ihm ja egal, was er zu tun hatte, um die Zeit rum zu bekommen. Und ein Lieferauftrag liess sie immer noch ein Bisschen schneller verstreichen Er schnallte das Paket auf sein Motorrad und
fuhr los. Etwas an der Adresse auf dem Zettel kam ihm vage bekannt vor... Wahrscheinlich hatte er schon einmal etwas dorthin liefern müssen.
Er parkte das Motorrad vor einem grossen, teuren Apartmentkomplex. Er sah noch mal auf den Zettel.
Oberstes Stockwerk. Nummer 1501. CIR. Omi runzelte die Stirn. CIR? Wahrscheinlich ein Firmenname. Er stieg in den Fahrstuhl. 15 und dann vermutlich das erste Apartment. Er stieg aus und sah nur eine Türe. Er war
beeindruckt. Das oberste Stockwerk war offensichtlich ein Apartment... Teuer, teuer... Er trat zu der Türe. Bei der Klingel stand CIR. Er zuckte die Schultern. Was auch immer.
Er wartete und hörte gedämpfte Schritte hinter der Türe, ehe sie sich öffnete. Omi kam gar nicht dazu, ein freundliches Lächeln aufzusetzen. Er erstarrte. Nein. Das konnte nicht sein! Vor ihm stand Brad Crawford.
Omi vergass zu atmen und wollte einfach umkehren und wegrennen. Aber zum einen hätte Crawford das wohl vorausgesehen, und zum anderen sah er durch die Plexiglasscheibe den Lift wieder abwärts fahren...
Crawford verzog keine Mine. „Rein." Dieser Ton liess keinen Widerspruch zu, und Omi wusste das. Er zwang seine Beine, die paar Schritte über die Schwelle zu nehmen. Crawford schloss die Türe. Für Omi klang
der dumpfe Ton wie ein Schlag in den Magen, und er tat das Einzige, was ihm noch einfiel: ---Schu!!!--- Crawford kam auf ihn zu und Omi trat zurück, bis er gegen die Wand hinter sich stiess.
Dann sprang eine Seitentüre auf und ein atemloser Schuldig platzte hinein. „Brad!" Crawford grinste Omi nur an, und dem Jungen war sofort klar, dass der Schwarz Anführer längst von ihm und Schuldig wusste.
Schuldig näherte sich Crawford langsam. „Brad..." Omi betrachtete den Telepathen und sah etwas, was er bisher nie in dessen Zügen lesen konnte... Er machte sich Sorgen um ihn.
Crawford lachte kalt. „Keine Angst. Deinem Spielzeug passiert nichts." Schuldig wurde sofort wütend. Aus mehreren Gründen. Crawford wusste es also, vermutlich schon länger, und er hatte nichts gesagt. Und Brad
nannte Omi ein Spielzeug. -Niemand- nannte den Jungen so, ausser ihm. Und zum letzten, nichts hasste Schuldig mehr, als wenn man mit ihm Spiele spielte... Das war sein Ressort. Dann ging er in die Offensive: „Was macht er
hier, Brad?!", verlangte er fest zu wissen. Crawford nahm nie seine Augen von Omi und rückte seine Brille zurecht. Omi wusste nicht mehr, was er denken sollte. Offenbar war er nicht in Gefahr, sonst hätte Schuldig
nicht von besorgt auf wütend gewechselt. Aber was zum Teufel tat er dann hier? Warum hatte Crawford ihn herkommen lassen? Das Grinsen verschwand aus Crawfords Gesicht und er ging zum Geschäftlichen über. „Bombay",
begann er. „Ihr habt richtig bemerkt, ich weiss von euren Treffen. Ich wusste davon, bevor Schuldig den Club betreten hat." Er machte eine Pause, um die anderen folgen zu lassen. „Ich nehme an, dir liegt etwas an
unserem Master-Mind hier. Wenn dem so ist, hörst du mir jetzt zu. Wir haben heute Abend einen Hit... oder wir sollten zumindest einen haben. Nagi wird die Info nicht zur Zeit besorgen können. Können wir den Auftrag heute
nicht erledigen, wird er auf nächste Woche verschoben. Und dir wird der Ausgang der Mission nicht gefallen, wenn wir sie verschieben müssen, das kann ich dir sagen." Die ganze Zeit war die einzige sichtbare Bewegung des
Präkognostikers, wenn er Luft holte. Omi versuchte verzweifelt, die Informationen zu ordnen. Was sollte das? Warum erzählte Crawford ihm das Ganze? Es sei denn... Seine Augen weiteten sich. Das konnte doch nicht sein Ernst
sein! Er sollte für Schwarz arbeiten??? Schuldig liess ihn nicht zu Wort kommen. „Das kannst du nicht tun, Brad! Unsere Missionen gehen ihn nichts an!" Omi verlor den Boden unter den Füssen. „I... Ich kann doch
nicht... Das geht doch nicht! Ich... ich kann... Ich würde doch..." Crawford streckte ihm eine kleine Mappe entgegen. Zögerlich nahm Omi sie entgegen und öffnete sie. Ein Profil? Aber wessen...?
Crawford fuhr fort: „Gehe ich richtig davon aus, dass das euer Hit nächste Woche ist?" Omi nickte abwesend. Worauf lief das hinaus? „Euer Auftrag ist der Boss und sein Assistent. Unser Auftrag ist nur der Boss.
Ist das mit deinem Gewissen zu vereinbaren?" Der letzte Satz klang leicht sarkastisch. Omi schüttelte hilflos den Kopf. „Ich weiss nicht... Wenn... wenn die anderen..." „Dann noch mal Klartext."
Crawford klang jetzt noch kälter, soweit das möglich war. „Unser Hit kann nur heute oder nächste Woche erledigt werden. So dumm bist du nicht. Du kannst dir denken, was nächste Woche passieren würde." Omi sah
auf. Weiss und Schwarz würden aufeinander treffen. An und für sich noch nicht zwingend eine Katastrophe, aber wenn Crawford schon über seinen Schatten sprang und jemanden dazu holte... Mindestens einer aus einem der Teams
würde nicht überleben. Und da Omi von Schuldig wusste, dass für Crawfords Pläne auch alle von Weiss leben mussten, konnte es also auch leicht einen von ihnen treffen. 'Ich nehme an, dir liegt etwas an unserem Master-Mind
hier', hatte Crawford gesagt... Schuldig? Würde er sterben? Und Crawford hatte Recht. Die Sicherheit um die Zielperson war wirklich schwer zu knacken, das brauchte Zeit, deswegen hatte Weiss den Hit ja auch auf nächste
Woche festgelegt. Und, ja, danach würde der Typ laut ihren Informationen das Land verlassen... Alles stimmte. Schuldig beobachtete den Konflikt in seinem Kätzchen unbehaglich. „Brad... Es geht doch bestimmt auch
anders." Crawford warf ihm einen eisigen Blick zu. Sowohl für das erneute »Brad«, als auch für den Zweifel an seinen Fähigkeiten. „Denkst du nicht, ich hätte alle Möglichkeiten durchgespielt?", fauchte er.
„Nächste Woche endet in einem Desaster, egal, was ich plane." Er wandte sich wieder an Omi. „Es liegt an dir." Omi rang mit sich. Mit Schwarz arbeiten oder aber jemanden sterben lassen... Er seufzte. Seine
Prioritäten sollten also eigentlich klar sein... Langsam nickte er. „Einverstanden." Crawford nickte. „Ruf Nagi", wies er Schuldig an.
Schuldig tat, wie man ihm sagte, warf aber Omi einen besorgten Blick zu, den dieser unsicher erwiderte. „Wird schon", murmelte Omi. Wieder öffnete sich die Seitentüre und ein verstimmter Nagi Naoe trat ein.
„So werde ich nie fertig!", maulte er... und erstarrte. „Was macht -der- hier?" Crawford blieb sein übliches, kühles Selbst und antwortete ruhig: „Du wirst nicht rechtzeitig fertig.
Bombay wird dir helfen." Nagis Augen sprühten förmlich Funken. „Den Teufel wird er! Ich brauche ihn nicht!" Crawford zeigte sich von Nagis Leuchtfeuer nicht beeindruckt und funkelte ihn mit kühlen, braunen
Augen an. „Du -wirst- mit ihm zusammenarbeiten. Hast du verstanden?" Nagis Zähne schlugen hörbar aufeinander. Er warf Crawford noch einen Blick zu, der sagte »ich tu's, aber dafür schuldest du mir was«. Dann noch
ein Seitenblick auf Schuldig, von dem er überzeugt war, dass er ihm das irgendwie eingebrockt hatte, bevor er sich umdrehte. „Also los. Komm mit."
Omi sah Schuldig in die Augen und dieser nickte ihm beruhigend zu. ---Es passiert dir nichts. Und ich bin in der Nähe.---
Schuldig beobachtete, wie Omi mit Nagi verschwand und folgte Crawford ins Wohnzimmer. „Brad!", rief er ihn. Crawford hielt inne und drehte sich gewohnt kühl um. Diesmal ignorierte er seinen Vornamen.
„Du wusstest das von Anfang an?" Crawford nickte amüsiert. „Immerhin war -ich- derjenige, der dir den Abend damals frei gegeben hat, nicht wahr?" Omi folgte Nagi auf sein Zimmer. Wie erwartet standen
mehrere Computer darin. Zwei davon waren eingeschaltet und liefen Suchprogramme durch. Nagi deutete auf einen Computer. „Da. Du kannst dort weitermachen." Weitere Erklärungen hielt er nicht für angebracht.
Omi nickte. Ihm war auch nicht wohler bei der Sache, als dem anderen Killer. Dann fiel ihm etwas ein. „Ähm... Ich muss noch zu Hause anrufen. Die denken, ich bin auf einem Lieferauftrag."
Nagi schien darüber nachzudenken, fragte aber in Wirklichkeit via Schuldig Crawford um Anweisungen. „Na schön. Fein." Sichtlich passte es ihm nicht. „Dort drüben ist ein Telefon. Crawford hört am anderen
Apparat mit, also sei vorsichtig." Omi schnaubte. „Glaubst du vielleicht, ich will, dass die anderen davon hier Wind bekommen?" Er wählte die Nummer.
Youji ging ran. „Kätzchen im Haus, guten Tag. Was kann ich für Sie tun?" Omi holte tief Luft, um den Kloss im Hals los zu werden. Er dankte schnell jedem erdenklichen Gott, dass Youji -kein- Telepath war. „Uhm...
Youji-kun, ich bin's." „Hey, Sexy, was gibt's? Ist was mit der Lieferung?" „Was? Nein, nein", versicherte er schnell. „Ich hab nur, ähm, unterwegs ein paar Freunde getroffen. Die haben Probleme
mit einem Computer und haben mich gefragt, ob ich ihnen helfe. Es könnte aber spät werden. Also... also, ist... ist das okay, wenn ich bis morgen bleibe? Oder braucht ihr mich dringend noch?"
„Nein, ich denke, das geht klar. Moment..." Omi hörte ein paar genuschelte Worte am anderen Ende. Youji fragte wohl gerade Aya...
Er wusste ohne Spiegel, dass sein Gesicht ein paar Schattierungen heller war als üblich, ihm Schweiss auf der Stirn stand, und er zitterte. „Geht klar, Kleiner."
Omi hauchte die Luft aus, die er angehalten hatte. „Okay. Wir sehen uns morgen." „Behalt den Pager in Reichweite." „Sei brav." Den konnte sich Omi nicht verkneifen.
„Jaja... Bis morgen." Youji legte auf. Omi starrte den Hörer einen Moment lang an, ehe er auch auflegte. Nagi verdrehte die Augen. Das war ja sooo offensichtlich, dass das gelogen war! Weiss waren doch alles
Idioten! Noch immer zitternd setzte Omi sich vor den Computer. „Ähm... N-Nagi?" „Was?" Konnte der nicht mal einen Computer bedienen? War der nicht angeblich ein Hacker? „Ich... ich hab schon einen Teil
der Recherche fertig bei mir zu Hause. Ich muss online gehen, um sie zu holen. Hast du mir das Passwort, oder muss ich mich reinhacken?" Omi gab sich alle Mühe, kühl und gelassen zu wirken.
Nagi zögerte kurz, dann kam die Antwort: „Kodoku." Omi verharrte über der Tastatur. Einsamkeit? Das Passwort war Einsamkeit? Wieso würde jemand von Schwarz so ein Passwort wählen?
Nagi unterbrach seine Überlegungen: „Mach endlich. Und es geht dich absolut nichts an!" Omi bemerkte, dass die Stimme noch ein Tick eisiger klang, als davor. Das Passwort hatte also ganz ohne Zweifel eine
Bedeutung... Er schüttelte den Gedanken ab und machte sich an die Arbeit. Nagi schielte ab und zu unauffällig auf den gegnerischen Killer und wartete einen Moment ab, in dem beide Computer rechneten, und sie zwei nur
zusehen konnten. „Bombay." Omi blinzelte. Er war wieder am nachdenken gewesen und hatte versucht, den anderen zu ignorieren. Jetzt sah er auf. „Was?" „Warum bist du hier?"
„Crawford hat mich eine Lieferung hierher bringen lassen. Dann hat er mir von eurem Auftrag erzählt." „Das weiss ich auch!", fauchte der andere.
Omi erwiderte den Blick unbeeindruckt. „Warum fragst du dann?" „Du kannst mir nichts vormachen! Schuldig hat etwas damit zu tun. Du vertraust Crawford nicht und mir auch nicht, das war ja wohl deutlich sichtbar. Und
ausser uns war nur noch Schuldig im Zimmer, der übrigens einen wirklich bescheuerten Gesichtsausdruck drauf hatte..." „Aha." Nagi funkelte böse. „Er hat ausserdem in letzter Zeit seine Ausgehgewohnheiten
geändert. Früher war er öfters weg, kam aber nach ein paar Stunden wieder. Jetzt geht er nicht mehr so oft, dafür manchmal die ganze Nacht... Du lässt dich von ihm flachlegen, nicht?"
Jetzt war es an Omi zu funkeln. Trotz dem es für Nagi die logische Folgerung gewesen war, wunderte er sich jetzt doch. „Es stimmt???"
„Wie du vorhin so schön gesagt hast: Es geht dich absolut nichts an!" Nagi sah den anderen einfach an. „Aber warum? Warum lässt du dich ausgerechnet mit ihm ein?"
Omis Blick senkte sich. Wenn er das wüsste. Sein Computer piepte und signalisierte, dass die Berechnungen beendet waren. Omi wandte sich seiner Arbeit zu. Leise sagte er: „Kodoku."
„Phh." Nagi wandte sich ebenfalls ab. „Ich dachte immer, ihr bei Weiss macht einen auf dicke Freundschaft." Omi schlug mit beiden Handflächen auf den Tisch. Es war schon schwer genug, sich bei all den
Gedanken in seinem Kopf auf die Arbeit zu konzentrieren, da brauchte er nicht noch diesen Rotzlöffel, der ihn noch mehr ablenkte. Er holte tief Luft und zwang sich, ruhig zu werden. „Sie sind meine Familie und bedeuten mir
alles. Aber sie sind es gewohnt, dass ich immer lieb und brav lache und fröhlich bin. Ich hab aber nun mal nicht immer Bock drauf, okay? Aber ich will nicht, dass sie sich Sorgen machen, also spiele ich es ihnen vor." Er
sah über seine Schulter nach hinten. „Bei Schuldig ist das anders. Dazu kommt noch, dass er der einzige ist, der über meinen Job Bescheid weiss. Es erleichtert, darüber reden zu können", schloss er leise und
arbeitete weiter. Nagi brauchte einen Augenblick, bis er das Piepen seines Computers hörte. Bombay war ihm... so ähnlich?
Omi stand im Wohnzimmer des luxuriösen Apartments und starrte nervös auf seine Hände.
Dass Farfarello den Rest des Teams jetzt ergänzte, machte es auch nicht besser. Der Ire blitzte ihn aus seinem einen, goldenen Auge amüsiert an und murmelte etwas davon, wie sehr der Verrat des Weiss-Kätzchens Gott verletzen
würde. Omi versicherte sich, dass er seine Leute nicht verriet, sondern ihre Arbeit eine Woche eher erledigt hatte. Aber er fühlte sich trotzdem nicht besser. Und dann machte er sich auch noch Sorgen. Crawford hatte
zwar gesagt, dass heute nichts passieren würde... Aber es war das erste Mal, dass er Schuldig quasi auf Mission »schickte«. Er überlegte sich, ob er Crawford fragen sollte, ob er hier warten könne... Der
Schwarz-Anführer trat auf ihn zu. „Du kannst hier warten, wenn du willst." Offensichtlich hatte er die Frage vorausgesehen. „Du bleibst im Wohnzimmer oder in der Küche." Omi nickte.
„Wo das Bad ist, weisst du." Wieder nickte er und sah nach unten. „Du gehst in keines der anderen Zimmer." Omi schüttelte den Kopf. Dann sah er auf, als Crawford ihm einen Umschlag entgegen hielt. Er
runzelte verwundert die Stirn, nahm ihn entgegen und öffnete ihn. Geld. Eine ziemliche Menge sogar. Fragend musterte er den anderen Mann. Crawford verzog keine Mine, wie üblich. „Ich ziehe es vor, niemandem etwas
schuldig zu bleiben", erklärte er, drehte sich um und verliess den Raum. Alle ausser Schuldig folgten ihm sofort. Der Rotschopf betrachtete ihn mit Augen, aus denen man beinahe Unsicherheit - die aber ebenso schnell
wieder verschwand - lesen konnte. „Okay?" Omi nickte. So weit es auch ging... Schuldig grinste. „Soll ich dir was mitbringen?"
Omi erwiderte das Grinsen und hob eine Augenbraue. „Du bist ein makabrer Bastard, weisst du das?" Schuldig lachte und gab ihm einen Kuss. „Dauert nicht lange. Mach's dir gemütlich." Omi hörte, wie sich die
Apartmenttüre schloss und seufzte. Ein paar Minuten blieb er unbeweglich stehen und liess die Stille auf sich einwirken. Dann packte er den Umschlag in seinen kleinen Rucksack, setzte sich auf das komfortable Sofa vor den
Fernseher und schaltete ein. Er konnte sich genauso gut damit ablenken. Lange nahm er das Programm nicht wahr. „Crawford... bezahlt... mich", flüsterte er und schüttelte den Kopf. Allein dafür würde Aya ihm den
Kopf abhacken. Er legte den Kopf nach hinten auf die Lehne. Na und? Er hatte gearbeitet und wurde bezahlt. Wo lag das Problem? Er lachte leise. Er wusste ganz genau, wo das Problem lag...
Er starrte an die Decke. „Bist du mir böse, Ouka?", flüsterte er. Manchmal wünschte er sich, er könnte das Bild von Schuldig, wie er den tödlichen Schuss abgab, einfach aus seinem Gedächtnis verbannen... Aber
das konnte er nicht. Seine Augenlider wurden langsam schwerer. Im Blumenladen hatten sie einen ziemlich harten Tag gehabt, und danach hatte er noch stundenlang vor dem Bildschirm gesessen... Natürlich war er müde.
Seine Gedanken verschwammen, und er schlief ein.
Schwarz kam etwa zwei Stunden später wieder zurück. Auf der Seite des Sofas lugte ein blonder Haarschopf hervor und Farfarello kicherte. „Das Bombay-Kätzchen ist
eingeschlafen." Schuldig ignorierte den Kommentar. „Kann er hier schlafen?", fragte er. „Auf deine Verantwortung", kam Crawfords Antwort. Was so viel hiess wie »ich sehe deswegen keine Probleme
kommen«. Schuldig kniete sich vor das Sofa und nahm den schlafenden Jungen auf die Arme. Omi seufzte nur, kuschelte sich näher an ihn und hielt sich mit einer Hand an Schuldigs Hemd fest. Nagi schüttelte den Kopf,
als er das sah und zog sich in sein Zimmer zurück. Farfarello folgte ihm, um noch seine Medikamente zu bekommen und Crawford verschwand ebenso.
Schuldig brachte sein Kätzchen in sein Zimmer, legte ihn aufs Bett und zog ihn bis auf die Shorts aus. Omi blinzelte einmal. „Schlaf weiter, Baby. Ist alles gut gegangen."
Omi lächelte und schloss die Augen zufrieden.
Als er am Morgen langsam aufwachte, war es draussen schon hell. Er brauchte einen Moment um zu bemerken, was ihn geweckt hatte... „Aahhhhh", stöhnte er leise. Er
lächelte, hielt aber die Augen geschlossen. Was für eine angenehme Weise, geweckt zu werden. Omi fühlte, wie ölige Finger in ihm tiefer stiessen.
„Guten Morgen, Kätzchen", flüsterte Schuldig heiser an Omis Ohr. Omi lehnte sich weiter in die Umarmung und auf die neckenden Finger zurück, öffnete die Augen und lächelte über seine Schulter den anderen Mann
an. Er hätte den Gruss ja erwidert, aber irgendwie... „Haaaaahhh!" Schuldig grinste und drückte noch einmal gegen Omis Prostata. In den letzten Monaten hatte er gelernt, dass Omi nach dem Aufwachen besonders
empfänglich für Zärtlichkeiten und Sex war. Omi wimmerte leise, als die Finger sich zurückzogen und dann... „Oh Gott, ja!"
Schuldig vergrub sich in langen, tiefen Stössen ganz in Omis süsser Enge und biss ihm in die Schulter. ---Oh, Baby. So eng, so gut...---
Omi kam den Bewegungen entgegen. „Hör nicht auf... oohhh... mehr... oh, bitte, bitte... haaa!" Schuldig stiess von Omis Worten angetrieben schneller und heftiger zu. Er drehte Omis Gesicht mit einer seiner Hände zu
seinem und küsste ihn, als wolle er ihn bei lebendigem Leib verschlingen. Omi erwiderte den Kuss energisch. ---Schu... härter! Ich will dich... brauche dich so sehr...--- ---Du gehörst mir. Nur mir.--- Omi stöhnte
laut in den Mund des anderen. ---Dir. Nur dir.--- Er umfing Schuldigs Hinterkopf mit einer Hand und krallte sich in seine rote Mähne. ---So gut. Du machst das so gut. Mehr. Berühr mich, berühr mich, -bitte-!--- Schuldigs
Stöhnen wurde lauter, als er um den Jungen herum nach dessen Glied langte und es zu massieren begann. Omi bewegte sich so gut an ihm! Er nahm ihn in sich auf, als wäre er allein dafür geschaffen worden. Omi schluchzte in
den Kuss, als ihn seine Gefühle überwältigten. Aus der Sicherheit des Schlafes voller erotischer Träume in die Sicherheit von Schuldigs Armen... und er -wusste-, dass er in ihnen sicher war! Mit jedem Mal, in dem sie
miteinander schliefen, spürte er dieses Ziehen in der Brust mehr. ---Das ist so schön, Schu... So schön!--- ---Oh, Baby. Mein Baby. Mein Kätzchen. Du fühlst dich so gut an. Sag mir, dass du mich willst. Sag es mir...---
---Ich will dich. Mehr als alles andere. Ich brauche dich. Ich hab dich so lieb. So, so lieb.--- Ihm kamen die Tränen, als er die letzten Worte dachte. Es war zwar nicht das erste Mal, dass er sie dachte oder sagte, aber
durch den telepathischen Kontakt war es diesmal absolut unmöglich, dass Schuldig ihre tiefe Bedeutung entging. Er öffnete die Augen einen Spalt, um in die kalten, grünen seines Liebhabers sehen zu können. Er schluchzte noch
einmal laut, dann wurde er von ihrer Vereinigung überwältigt. Schuldig sah Omis Gefühle durch ihre mentale Verbindung, er spürte die Muskeln um sich zusammenziehen und Omis Samen an seiner Hand... Und es war auch
für ihn zu viel. „Ooohhh, Baby!", schrie er auf und ergoss sich in dem Jungen. Omis Zittern nach dem Orgasmus liess langsam nach, aber das Weinen nahm zu. Schuldig glitt aus ihm und drehte den Jungen zu sich
herum. Er hielt ihn fest und liess ihn einfach weinen. Omis Gefühle waren für ihn überdeutlich sichtbar. Sein Kätzchen liebte ihn. Liebte. Ihn. Und nach und nach wurde Omi das bewusst...
„Tut mir leid... Ich wollte nicht... wollte gar nicht weinen", schluchzte der junge Killer. Schuldig hielt ihn weiterhin fest, wusste aber nicht so recht damit umzugehen. Omi war ihm irgendwie wichtig, natürlich.
Aber Liebe? Er starrte an einen weit entfernten Punkt. Liebe war etwas, das er in seinem Leben kaum gekannt hatte... Nur eine vage Erinnerung an seine Mutter. Und etwas, das vielleicht mit Freundschaft zumindest vergleichbar
war, hatte er bei Schwarz.Und nun kam dieser Junge. Ein Junge, der ihn ohne zu übertreiben gehasst hatte. Ein Junge, dessen Schwester durch seine Hand gestorben war... Trotzdem liebte er ihn.
Omi zwang sich ruhiger zu atmen und sich zu beruhigen. Schuldig strich ihm über den Rücken. „Lass nur, Baby. Ist schon in Ordnung." Omi schüttelte den Kopf. „Wenn..." er hickste. „... Wenn das, was ich
gesagt habe, irgendetwas ändert... Bitte, vergiss es einfach wieder." Schuldig schob ihn von sich und schaute ihn verwirrt an. Er suchte in Omis Kopf nach Antworten und... Omi dachte, er würde ihn wegen seiner
Zuneigung sitzen lassen??? Er schüttelte den Kopf und wischte ihm ein paar Tränen weg. „Dummes Kätzchen." Das war alles, was er sagte.
Omis Augen leuchteten sofort. Dann nickte. „Da hast du wohl recht." Er lächelte ein wackliges Lächeln.
„Aber du bist -mein- dummes Kätzchen." Omi hätte sich in jedem anderen Fall gegen diesen Besitzanspruch gewehrt... aber er hatte nichts dagegen, Schuldig zu gehören, und er wusste, dass es Schuldigs Art war, ihm zu
zeigen, dass er auch ihm etwas bedeutete. Und dann war es ihm auch egal, dass es keine Liebe war, die der andere ihm entgegenbrachte. Schuldig grinste wieder. „Und? Wie hat dir diese Art geweckt zu werden gefallen?"
Omi lachte. „Bevor ich aufgewacht bin hatte ich noch diesen Traum... Dann war ich wach und er ging weiter." Schuldig lachte mit. „Hat es sich gelohnt aufzuwachen?"
„Oh, ja." Omi vergrub sein Gesicht an Schuldigs Halsbeuge und sog etwas an der empfindlichen Haut. „Ich liebe es, dich in mir zu spüren. Wie du mich nimmst, immer wieder zustösst..." Er rieb seinen
Unterkörper an Schuldigs. Der Telepath stöhnte auf. „Hast du etwa noch nicht genug?", fragte er etwas ausser Atem. „Niemals", antwortete Omi sofort und wanderte mit seinem Mund tiefer an eine Brustwarze.
Er knabberte und nuckelte daran, bis er von Schuldig die gewünschte Reaktion bekam. Er schrie laut auf. „Oh, Mann! Ich habe dir eindeutig zuviel beigebracht..."
Omi hob den Kopf und grinste. „Ich weiss ganz genau, dass es dir gefällt." Schuldigs Augen blitzten, und er wollte offensichtlich eine Gegenattacke starten, als sie ein Piepsen störte. Schuldig runzelte die Stirn.
Omi verdrehte die Augen. „Scheisse! Mein Pager." Er kletterte aus dem Bett und durchsuchte seine Hosentaschen. „Der Laden", bemerkte er. „Komm wieder ins Bett", schnurrte Schuldig.
„Ich muss die anderen anrufen..." „Das kannst du auch vom Bett aus." Omi hob eine Augenbraue und den Zeigefinger. „Aber keine Spielchen, klar?" Schuldig blinzelte empört. „Ich doch nicht!"
Omi kicherte. „Ja, genau." Aber er stieg zurück ins Bett und griff nach dem Telefon auf dem Nachttischchen. Er wählte die Nummer. Heute war er nicht mehr annähernd so nervös wie gestern.
Ken hob ab. „Kätzchen im Haus, guten Tag." „Ken-kun. Was ist denn passiert?", fragte er und versuchte nicht so zu klingen, als hätte man ihn bei etwas gestört.
„Omi, alles klar bei dir?", kam die Stimme vom anderen Ende. „Klar, ich hab nur..." Er gähnte. „Wir waren nur fast die ganze Nacht wach und ich hab noch geschlafen." Noch nicht mal gelogen.
„Oh, sorry. Wollte dich nicht wecken." Schuldig rutschte näher an Omi heran und murmelte in sein Ohr: „Ja, geschlafen... Ich hab dich gegen die Matratze genagelt..."
Omi konnte sich gegen ein Kichern nicht wehren. „Kein Problem Ken-kun. Was war denn jetzt?" „Ähm... Aya wollte wissen, ob du heute Nachhilfe gibst." Omi konnte nicht gleich antworten. Schuldig kam noch
näher und wanderte mit seiner Hand tiefer, während er mit dem Mund seinen Hals auf und ab küsste. Was hatte Ken noch mal gefragt? Ah, ja... „Nein, heute nicht. Braucht ihr mich im La... den?" Omi musste sich
gewaltig zusammenreissen, als Schuldig mit langen, gleichmässigen Strichen sein Glied massierte. „Omi?" „Alles klar", platzte er heraus und knuffte Schuldig mit dem Ellbogen in die Seite. „Umfg!",
gab Schuldig von sich, dann lachte er laut in sein Kissen, wodurch es nicht mehr ganz so laut war. Ken zögerte. „Ja, wäre ganz gut. Du weisst ja, nächste Woche ist Valentinstag." „Wie könnte ich das
vergessen", meinte Omi sarkastisch und sah auf das Kissen, das vor lauter Lachen bebte. „Okay, dann sehen wir uns am Nachmittag. Bye." Omi nickte noch und merkte erst, als Ken schon aufgehängt hatte, dass man
ein Nicken ja eigentlich nicht über das Telefon sehen konnte... Dann riss er das Kissen weg. „Du Bastard!", schimpfte er lachend. Schuldig schüttelte es vor Lachen. „Was meinst du, soll ich Yotan ein paar feuchte
Träume von Kenken verpassen?" Er wackelte mit den Augenbrauen und grinste. „Das lässt du schön bleiben", lachte Omi. Dann klopfte es an der Türe. Nagi war draussen. „Aufstehen. Essen."
Beide seufzten lautstark. „Na ja, ich muss sowieso noch in die Schule." Omi setzte sich und sah sich jetzt zum ersten Mal im Zimmer um. Geschmackvoll eingerichtet. Ein grosses Bett - offensichtlich -, drei Bilder,
Stereoanlage, Fernseher, DVD, ein paar Filme und CDs... Er lächelte vor sich hin. „Ich bin zum ersten Mal bei dir zu Hause." Schuldig setzte sich neben ihn und nickte. „Ich hatte mir das Zusammentreffen von dir mit
Schwarz problematischer vorgestellt... Ich kann immer noch nicht glauben, dass du stundenlang neben Nagi gesessen hast, ohne, dass einer den anderen killen wollte."
Omi grinste. „Von nicht wollen kann gar keine Rede sein... Aber wir hatten keine Zeit für so was." „So schlimm war's aber gar nicht, oder?" Omi schüttelte den Kopf. „Nein. Aber dein Treffen mit Weiss
würde ich lieber so lange wie möglich hinausschieben..."
Omi betrat die Schwarz-Küche [1] neben Schuldig, der ihn fest bei der Taille führte. Ohne diese Hand hätte er wohl keinen Schritt in dem Apartment
gemacht... Aus dem Augenwinkel konnte er Crawford sehen, wie er Zeitung las und wohl einen Kaffee in der Hand hielt. Nagi konnte er zwar nicht sehen, aber die kalten Blicke förmlich spüren. Wenigstens war Farfarello nicht
da... Medikamente oder nicht, aber seine Anwesenheit beunruhigte ihn noch mehr, wenn das überhaupt möglich war. Schuldig wies Omi einen Stuhl an. „Ich hol dir was", sagte er nur. Er wusste genau, wie unwohl Omi sich
fühlte, ignorierte es aber. Das würde die Sache einfacher machen. Omi sass auf seinem Stuhl und starrte auf den Tisch. Er hatte schon Hunger, wäre aber lieber so schnell wie möglich verschwunden. Andererseits, wenn man
schon in Teufels Küche war, konnte man ja schliesslich auch etwas essen... Es war ja nicht so, als wäre er heute mehr in Gefahr gewesen als gestern. Nach langem Schweigen - und dem Durchsuchen von Schränken von Schuldig -
nahm Omi allen Mut zusammen und fragte an Crawford gerichtet: „War das der Grund? Wegen gestern?" Die Frage machte vielleicht nicht unbedingt Sinn, aber alle Anwesenden verstanden sie. Warum hatte Crawford nichts gegen
Schuldig und ihn unternommen? Sogar ihre Treffen unterstützt? Um ihn für Schwarz-Missionen zu benutzen? „War das der Plan? Mich benutzen zu können?"
Crawford sah von seiner Zeitung auf. „Es war notwendig. Und für beide Parteien von Nutzen." „Nun, wenn -meine- Partei davon erfährt, bin ich tot. Egal, ob wir davon profitiert haben oder nicht." Crawford
grinste sein überlegenes Grinsen, als würde er vom Olymp herab auf die normal sterblichen schauen. „Das entspricht nicht meiner Planung." Omi schnaubte, sein Mut plötzlich sehr viel grösser. „Du planst also
unser aller Zukunft, und wir spielen mit, ob es uns passt oder nicht." Crawford lachte. „Es passt dir nicht?" Omi blieb mit offenem Mund sitzen. Dieser manipulative... Dann wandte der Schwarz-Anführer sich
wieder an seine Zeitung. „Selbst wenn... Was willst du dagegen unternehmen?" Schuldig stellte dem Jungen eine heisse Schokolade auf den Tisch und grinste. ---Du gehst schon wie ein Profi mit ihm um.--- Dann kehrte er
zu seiner Arbeit, Pfannkuchen zu machen, zurück. Omi schickte ihm ein dankbares Lächeln, richtete sich aber wieder an Crawford: „Passiert es wieder?" Crawford wusste, dass Omi die Arbeit für Schwarz meinte. Er
sah ihn über die Ränder seiner Brille hinweg an, dann senkte er den Blick wieder. „Vermutlich", er klang gelangweilt. „Aber du wirst jedes Mal die Wahl haben, und du bekommst keine Aufträge, die in Konflikt mit der
»Weiss-Politik« stehen."
„Warum die Fürsorge?" „Hm." Crawford grinste. „Die Effizienz ist höher. Und es ist Teil meiner
Zukunftsplanung." Er grinste noch ein Bisschen breiter. Er wusste genau, dass Omi der Gedanke, dass er die Zukunft kannte, sie aber nicht verriet, in den Wahnsinn trieb. Omi hakte nicht weiter nach. Crawford würde ihm
ja doch nichts sagen. Er fragte stattdessen etwas anderes: „Also... ähm... ist das okay, wenn ich Schuldig sehe?" Besagter Killer stellte ihm sein Frühstück hin, setzte sich neben ihn und begann ebenfalls zu essen.
„Und wehe du gibst jetzt die falsche Antwort, Bradley." Auf Kommando funkelte Crawford den Telepathen böse an. Omi und Nagi kicherten und sahen sich gleich verblüfft an. Waren sie gerade einer Meinung
gewesen? Schuldig zwinkerte den Amerikaner nur an und grinste. „Allein dafür sollte ich Nein sagen", grummelte Crawford.
Schuldig winkte tadelnd mit dem Zeigefinger. „Na, na. Was wird denn dann aus deiner Altervorsorge?" Die beiden Jüngsten brachen wieder in Lachen aus, diesmal stoppten sie es auch nicht, obwohl diese Gemeinsamkeit
ihnen Unbehagen bereitete. Schuldig beobachtete die beiden fasziniert und Crawford... nun, Crawford nickte ungesehen hinter seiner Zeitung. 'Gut. Alles nach Plan.'
***
Omi hatte sich früher als mit Schuldig verabredet von zu Hause davon gemacht. Er musste den Telepathen sofort sehen! Diesmal
trafen sie sich gleich bei CIR - »Crawford Investigations and Recoveries«, wie Omi nun verstand. Schuldig würde alleine da sein. Crawford war ein paar Tage ausserhalb der Stadt und hatte die anderen beiden
Teammitglieder mitgenommen. Warum er Schuldig zurückgelassen hatte, konnte Omi nur vermuten... Aber wenn es damit zusammenhing, was er ihm heute würde sagen müssen, machte das durchaus Sinn. Als er vor der Wohnungstüre
stand, zögerte er wieder. Es fühlte ich so merkwürdig an, hier einfach zu klingeln... Er tat es trotzdem. Schuldig öffnete die Türe mit nassen Haaren und einem Handtuch auf den Schultern. „Du bist früh",
bemerkte er. Omi nickte hektisch. „Ich hab da ein Problem..." Omi musste sein Problem nicht erst erläutern, Schuldig holte sich die Erklärung direkt aus Omis Kopf. Er nickte ins Apartment. „Komm rein."
Omi folgte ihm und setzte sich im Wohnzimmer aufs Sofa. Schuldig setzte sich tief seufzend neben ihn. „Also... Yotan hat es herausgefunden."
Omi nickte. „Ich hätte vorsichtiger sein sollen. Ich meine, ich hätte wissen müssen, dass ein Privatdetektiv keine Probleme hat, so was rauszufinden, wenn er will. Ich hätte dein Geschenk nicht einfach rumliegen
lassen sollen. Ich hätte..." Schuldig brachte ihn mit einem festen Kuss zum Schweigen. „Es war nicht dein Fehler, klar?" Seine Augen durchbohrten Omis. „Wir haben uns darauf eingelassen und wussten, dass es
früher oder später rauskommen würde." Omi nickte langsam. „Er hat es doch ganz gut aufgefasst, nicht?" Zumindest den Bildern in Omis Kopf nach zu urteilen. Wieder nickte er. „Am Anfang hat er einen
ziemlichen Aufstand gemacht, aber dann hat er mit sich reden lassen. Er macht sich einfach Sorgen um mich... Und er will mit dir reden", schloss er vorsichtig.
Schuldig nickte bestätigend. Diese Tatsache hatte er Omis Gedanken bereits entnommen. Er grinste. Das würde lustig werden... „Lässt sich einrichten." „Denkst du... denkst du, dass das gut geht?"
Schuldig grinste nur. „Natürlich. Wozu hat man ein Orakel in der Truppe?" Er lachte. „Und ich denke, dass Kenken der nächste ist, der es herausbekommt. Also bleibt zuletzt noch euer furchtloser Anführer, den ihr
dann zu dritt überzeugen könnt." Er verwarf theatralisch die Hände. "Ausserdem ist es ja nicht verboten, sich gegenseitig um den Verstand zu vögeln, ne?"
Omi kicherte. „Seh ich genau so... Moment mal. Sagtest du, Ken ist der nächste? Das glaub ich nicht. Da kommt er nie von selbst drauf."
„Och... wenn er zu Youji ins Bett steigt, könnte der ja etwas ausplaudern..." Er zwinkerte. Omi lachte. „Du glaubst immer noch, dass zwischen denen was passiert?"
Er zuckte die Schultern. „Ich weiss, dass beide Interesse haben." Omi rutschte mit einem verführerischen Blick näher zu ihm. „Dafür weiss ich, wo -meine- Interessen liegen." Er beugte sich vor und drückte
einen Kuss auf Schuldigs Hals. Er zog tief Luft ein. „Du riechst so gut. Ich mag dein Duschgel." Dann kicherte er und strich mit seinem Finger über einen blauen Fleck. „War ich das?", fragte er unschuldig.
Der Deutsche grinste. „Unersättlicher, kleiner Dämon." „Ich liebe dich, weisst du?", flüsterte Omi, als sie einige Zeit später in Schuldigs Bett lagen, vor sich hin dösten und ab und zu ein Bisschen
redeten. Schuldig seufzte tief. „Weiss ich." Er war froh, dass der Junge seinen Kopf auf seiner Brust liegen hatte, und er ihm so nicht in die Augen sehen musste. Es war nicht nur, dass ihm das Konzept der Liebe über
viele Jahre mehr als fremd geworden war, sondern auch, dass das kleine Bisschen, an das er sich erinnerte, ihm nur Schuld vermittelte... Er tat das, was er immer tat. Er grinste. „Bist du sehr enttäuscht, wenn ich dir nicht
dasselbe sage?" Omi lachte. Ein ehrliches, fröhliches Lachen. „Nein", antwortete er wahrheitsgemäss. „Ich würde zwar lügen, wenn ich sagte, ich will es nicht hören... Aber ich denke, allein die Vorstellung
ist irgendwie... merkwürdig. Selbst, wenn du so fühlen würdest, wäre es nicht dein Stil, es zu sagen." Er hob den Kopf und schaute Schuldig in die Augen. Der Rotschopf grinste immer noch. Omi kannte mittlerweile alle
Formen seiner Grinsen. Manche waren echt, andere nicht... Dieses hier zum Beispiel erreichte die Augen nicht, war also falsch. Schuldig bemerkte, wie er analysiert wurde und grinste noch ein Bisschen breiter, um Omi von
diesen Gedanken abzubringen. „Was soll der inquisitorische Blick?" Omi lächelte sanft. „Du sagtest selbst, ich sei eine Herausforderung. Du kannst kaum noch etwas vor mir verbergen, ohne meine Gedanken zu
manipulieren." Schuldig verzog das Gesicht. „Ich hätte wissen müssen, dass du schnell lernst." Omi wählte eine bestimmte Taktik. „Bei Weiss haben wir alle einen geliebten Menschen verloren. Es ging dir
genau so, hab ich Recht?" Er hielt seine Stimme weder eindringlich noch fordernd, sondern leicht und klar. Schuldig sah weg. Es wäre so einfach gewesen, in den Kopf des Jungen zu schlüpfen und ihm die Gedanken wieder
auszutreiben. Er seufzte. Warum tat er es also nicht? Jetzt hielt er sein Gesicht neutral. Er liess das Grinsen weg, es hätte nichts gebracht. „Weisst du, was mein Name bedeutet, Kätzchen?", fragte er ausdruckslos.
Omi nickte. „Ja, ich hab ihn mal nachgeschlagen." Omi merkte, dass er mit seiner Fragerei diesmal tiefe Gewässer betrat. Er wollte nicht unliebsame Erinnerungen in dem anderen Mann wecken. Er wusste selbst, wie
schmerzhaft die sein konnten. Er fragte sich, ob es wohl schon zu spät war zurück zu ziehen. „Schu..." Schuldig hob eine Hand. „Ich hab jetzt angefangen, ich bring's zu Ende."
Zu spät also... Besorgt und mitfühlend, wie es seine Art war, betrachtete er den Telepathen. Das entlockte Schuldig wieder ein Grinsen. „Du bist unglaublich, weiss du das? Kein anderer Mensch auf diesem Planeten würde
den Mörder seiner Schwester so anschauen." Omis Gesicht blieb ganz ruhig und gelassen. Er hatte für sich diese Frage längst geklärt. „Du hast meine Schwester nicht getötet." Schuldig schnaubte
verächtlich. „Wen willst du damit überzeugen? Ich hab sie erschossen. Punk. So einfach." Omi erwiderte die Kälte in den grünen Augen traurig. „Schwarz hat sie getötet. Weiss, Perser, Takatori... Sie stand
in der Mitte zwischen zwei kämpfenden Kräften und wurde getroffen. Du hast nur abgedrückt." Er holte tief Luft. „Genau so gut kann ich sagen, ich hätte sie getötet. Sie ist meinetwegen gestorben. Die Kugel war für
mich bestimmt, nicht sie." „Blödsinn!", protestierte Schuldig. „Ausserdem wollte ich dich ärgern, nicht dich töten. Ich hatte strikte Order, keinen von euch zu erledigen."
„Also war es ein Unfall", folgerte Omi. Schuldig verdrehte die Augen. „Was ist mit Fujimiyas Schwester? Die war kein Unfall!" Omi lachte kalt. „Wir sind Killer. Da sterben nun mal Menschen."
Schuldig erwiderte den Blick kühl. „Du vergibst mir also?" Omi lächelte süss. „Ich wusste gar nicht, dass du Vergebung suchst." Trotz der heftigen Reaktion, die diese Bemerkung in seinem Kopf auslöste,
zeigte Schuldig keinerlei äussere Regung. „Tust du's?" Omi setzte sich und grinste. „Du bist ein blöder Vollidiot." Schuldig lachte. Diesmal echt. „Ich könnte dich nicht lieben, wenn ich dir nicht
vergeben hätte... Aber du lenkst ab. Wer war der Mensch, den du verloren hast? Warum bist du »schuldig«?" Schuldig seufzte. Jetzt war ein Zeitpunkt wie jeder andere auch, dass seine Vergangenheit mal zur Sprache
kommen würde... Zum ersten Mal überhaupt. „Meine Mutter. Sie ist tot, obwohl ich sie hätte retten können." „Was ist passiert?" Omi wusste aus eigener Erfahrung, dass man sich vor allem als Kind viel zu
schnell die Schuld an etwas gab, wofür man nichts konnte... Schuldig zuckte die Schultern betont gleichgültig. „Mein Vater war Alkoholiker. Er hat sie und mich verprügelt und vergewaltigt. Das volle Programm eben."
Trotz der emotionslosen Worte drehte sich Omi der Magen um. Wie oft hatte er so was schon hören müssen? Schuldig fuhr fort: „Einmal, als ich mich mit etwa fünf oder sechs Jahren nach einer seiner »Lektionen«
nicht mehr rühren konnte, hat er bei meiner Mutter weitergemacht. Und das eine Mal war einmal zu viel. Er hat ihr den Schädel eingeschlagen und sie noch minutenlang angeschrieen, sie solle endlich aufstehen, er sei noch nicht
mit ihr fertig." Omi zwang sein Schluchzen zurück, zwei Tränen gewannen den Kampf und rannen still über seine Wangen. „In dem Moment hat bei mir wohl etwas klick gemacht. Ich konnte vorher schon immer
»Stimmen« hören... Aber dann... Ich wusste, dass er nichts mehr hasste, als Kopfschmerzen, also hab ich mir mit aller Kraft gewünscht, dass er Kopfschmerzen hat bis er stirbt... Was soll ich sagen... Es hat
funktioniert." Omi schüttelte den Kopf. „Aber... aber es war doch nicht deine Schuld! Du konntest deiner Mutter nicht helfen."
Schuldig starrte ihm kalt in die Augen. „Du verstehst das nicht. Ich hätte schon immer diese Möglichkeit gehabt. Hätte ich es früher bemerkt..."
„So ein Quatsch! Du weisst ganz genau, dass du darauf keinen Einfluss hattest!" Schuldig lächelte. „Das fasziniert mich so an dir. Wie kannst du glauben, im Schlechten noch etwas Gutes zu sehen?" Omi legte
seufzend seinen Kopf wieder auf Schuldigs Brust. „Du bist so ein Dummkopf. Wir beide wissen doch, es geht nicht um Gut und Böse. Weiss und Schwarz. Ist doch verlogen. Vielleicht ist Weiss ein notwendiges Übel, aber das ist
Schwarz wohl auch. Wir beide töten." „Aber ihr tötet für die »gute Sache«."
Omi kicherte. „Das tun wir." Er überlegte kurz. „Seit ihr selbstständig seid, hab ich ein paar eurer Aufträge
mitbekommen. Und du kannst mir nicht weis machen, dass eure Opfer nicht alle irgendwo Dreck am Stecken hatten..." „Das ist schon richtig. Aber auch die Auftraggeber haben das."
„Die erledigen dann wir", lachte Omi. Schuldig lachte bei der Vorstellung mit. „Komm her, Baby." Er zog den Jungen an sich und küsste ihn lange. So schlimm war es gar nicht, über früher zu reden... Oder? ...
... Es tat sogar scheusslich weh! Aber Omi half ihm, seinen Schmerz zu »ertränken«, ebenso, wie er wohl Omi half, mit seinem Kreuz umzugehen.
Omi hob seinen Kopf, und holte zögernd er Luft, um den anderen Mann etwas zu fragen. Schuldig sah die Frage, ehe sie gestellt wurde und sie gefiel ihm nicht.
„Sagst du mir deinen richtigen Namen?", fragte Omi flüsternd. Schuldig setzte seine grinsende Maske auf. „Warum willst du ihn wissen?" Omi konnte sofort hinter die Maske sehen und zuckte einfach die
Schultern. „Neugierde. Du kennst auch meinen richtigen Namen." Schuldig verstand den versteckten Sinn hinter dieser Aussage. Er kannte das Schwarze hinter Omis Weiss. Und Omi wusste, dass es ebenso hinter Schuldigs
Schwarz auch etwas Weisses gab... Sein Gesichtsausdruck fror ein. „Du wirst mich niemals, unter keinen Umständen... bei diesem Namen nennen. Niemals. Hast du verstanden?" Omi nickte.
„Dieser Junge ist schon seit sehr langer Zeit tot." Wieder nickte Omi. „Er ist tot. Genau wie Mamoru Takatori."
Für einen kurzen Moment lang verschwamm Schuldigs Sicht. Er blinzelte die aufkommenden Tränen erfolgreich weg, und er konnte Omis Blick standhaft erwidern. Warum waren sie sich so ähnlich? Gab es wirklich kein Schwarz und
Weiss? Nur Grau? ... Und viel Rot. Er seufzte. Durch diese Reife und dieses Verständnis war der Junge noch viel reiner, als er ihm ohnehin schon immer schien. Und in dem Moment wusste er, Omi würde sich seine kindliche
Unschuld sein Leben lang bewahren können. Omi wartete geduldig. Er hatte das Gefühl, dass er bald eine Antwort bekommen würde. Schuldigs Gesicht war jetzt ganz ruhig. Nicht kalt, gefühllos, hinterhältig, verlogen...
oder liebevoll, wie er manchmal sogar wirkte. Er war einfach ruhig. Aber es war sein wohl ehrlichster Ausdruck. Er hob eine Hand und legte sie Omi an die Wange... Dann liess er sich frei. „Tobias März."
ENDE - TBC honiggold back
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